Moop Mama sind längst mehr als nur ein Geheimtipp in der Musikszene. Seit die Münchner Brass-Kombo vor gut 15 Jahren aus der Taufe gehoben wurde, haben sie sich eine formidable Fanbase geschaffen, gelten vor allem auf Festivals als einer der absoluten Stimmungskanonen. Bei allem Spaßfaktor haben sich die Musiker aber auch stets als Kante zeigende Band präsentiert, zahlreiche politische Themen unterstützt und waren als „Marchingband“ berüchtigt für ihre Guerilla-Konzerte quer durch die Republik. Vor zwei Jahren gab es einen tiefen Einschnitt. Mit Frontmann Keno und dem aus Thurnau im Kulmbacher Land stammenden Saxophonisten Marcus Kesselbauer verließen binnen kürzester Zeit zwei federführende Gründungsmitglieder die Band. Die Zukunft stand in den Sternen. Mit Julian Ritter und Frontfrau Älice an Bord stellte sich die Kombo neu auf. Und rockt weiterhin. Ein bisschen anders, aber doch wie gewohnt. Im Vorfeld der Sommertournee, die Moop Mama am 4. August nach Würzburg zum Hafensommer und am 11. Juli zur Jenaer Kulturarena bringt, standen die Frontfrau und Posaunist Jan Rößler Art. 5|III für ein Gespräch zur Verfügung. Der ist dem einen oder anderen Oberfranken vielleicht aus früheren Zeiten noch ein Begriff. In seinen jungen Jahren spielte der inzwischen in Weimar beheimatete Musiker bei der Kult-Formation Uncle Ben’s Reisplantagen Bluesband – er kommt aus Kulmbach.
Älice: Moin! Und happy Release Day, Jan! Jetzt stehen noch Videos an. Was sonst noch?
Jan: Servus! Ja, heute ist unsere neue Single auf den Markt gekommen. Nach dem ersten Teil des neuen Albums kommt jetzt Teil zwei. Wir werden das heute in dem Interview an jeder möglichen Stelle erwähnen (grinst). Zwei Singles sind fertig. Die zweite ist gerade im Mastering. Und das Album finalisieren wir hoffentlich nächste Woche. Dann gibt es keine Bremsen mehr und es geht nur noch um live spielen.
Älice: (Jan lacht im Hintergrund lauthals) Voll! Die machen es einem aber auch einfach. Schon seit unserem ersten Treffen, bei dem eine Zusammenarbeit noch gar nicht so im Raum stand. Da hat man schon gemerkt, dass das gefunzt hat. Ab da ging es schnell. Mir fällt da aber was anderes auf. Es ist gar nicht so derb, dass das Jungs sind, eher dass es so viele aus dem Süden sind. Schwaben und Bayern. Das sind so die Dinge, wo ich mir oft denke: Wow – kennst du so gar nicht! Ich glaube, da waren die kulturellen Unterschiede wesentlich bedeutender. Aber es macht Spaß! Die sind alle sooooooooo derbe lieb und witzig. Ich bin jedes Mal begeistert!
Jan: Da muss man schon sagen, dass wir anfangs fast etwas hilflos waren. Dann haben wir es als offen deklariert, wie wir weitermachen. Es gab natürlich unzählige Leute, die sich mit ihren Meinungen dazu platzieren wollten. Es gab da zwei komplett konträre Gegenpole. Entweder, wir sehen, ob wir es komplett neu aufstellen und man versucht, Keno vorzusetzen. Das war für mich die Strategie, die nur nach hinten losgehen kann. Wenn man versucht, ihn zu ersetzen, wird man an den Vergleichen scheitern.
Jan: Das war eine absolute Verkettung so vieler glücklicher Zufälle. Das Projekt „Mama trifft“ kam ja auch über die Empfehlung einer gemeinsamen Bekannten zustande. Eine Kostümdesignerin, die uns irgendwie zusammengeführt hat. Damit ging es los. Dann war das von Anfang an so ein Ding, bei dem es gar keinen Sinn mehr gemacht hat, auf Zeit zu spielen oder vorsichtig zu sein. Es hat sich so angefühlt, als würde es passen. Und das hat sich bewahrheitet. Da war kaum Strategie dahinter. Dass wir dann bei etwas rauskommen, was etwas komplett eigenständiges neues werden kann, das ist dann ein nachträglicher Effekt. Es ist quasi das beste Match. Das passt auch noch zusätzlich. Aber das war nichts strategisches mehr.
Älice: Same!
Jan: Das hat ja bis dahin funktioniert. Es ist aber auch das Schöne, dass man sich an so etwas nicht aufhängen muss. Es ist in gewissem Sinne egal. Und das ist gut so.
Älice: Ich habe es auch nie so empfunden, dass alles da komisch wäre, weil alles mit Frau ist. Es hat einfach gematched. Wenn man innerhalb dieses Matchungsprozesses Dinge laufen lässt, dann kommen auf beiden Seiten einfach ungeahnte Resultate hervor. Das ist ziemlich cool.
Älice: Kann man mal so machen. Obwohl es war schon ziemlich Druck und Muffensausen dabei. Wir haben echt gut versucht, das zu verstecken (lacht). Es ist natürlich so, dass ich mir bewusst war, dass Mama-Fans Mama-Fans sind. Sie kennen die Band seit über zehn Jahren in einer bestimmten Form, in einer bestimmten Besetzung, einem bestimmten Style. Und dass die Jungs, die sie seit zehn Jahren kennen jetzt mit jemand anderes auf der Bühne stehen, das ist natürlich erst einmal eine große Hürde. Und ich war mir dessen bewusst. Deswegen auch das Muffensausen. Aber es ging ja gut aus.
Älice: Das Mikro reicht locker! Wir fangen ja gerade erst an. Mal sehen, was es da noch so an Ideen gibt.
Jan: Wir sind noch nicht weg von der Straße! Ich kann mir gut vorstellen, dass wir das wieder machen. Aber das steht gerade nicht im Fokus.
Jan: Das kann man auf jeden Fall weiterhin erwarten. Man kann sich ja einer tatsächlich formulierten Meinung ja nicht entziehen. Das ist gefühlt eine zunehmende gesellschaftliche Verantwortung, dass man, wenn man eine Stimme hat, die auch nutzen muss. Davon sind wir definitiv nicht abgekommen und das hat sich mit Älice auch nicht geändert. Ich glaube, es ist vielleicht etwas dichter und direkter geworden ist, was wir tun. Aber wir haben den Spaß definitiv nicht verloren. Wenn man Menschen erreichen will, darf man nicht den Zeigefinger vor die Nase halten, sondern man muss sie anfassen und physisch berühren. Das tun wir. Und dann wird man danach drüber nachdenken, zu was man da getanzt hat. Das hat vielleicht mehr Effekt.
Älice: Noch dazu bin ich ja neu. Ich habe keinen Vergleich zum vorher. Aber nach der ersten Tour war das Feedback, dass die Leute Spaß hatten, da sie gesehen haben, dass wir zusammen auf der Bühne Spaß haben. Und das ist, was ich für mich mitgenommen habe. Wenn ich erlebe, wie die Jungs ihre Soli raushauen. Das ist ein richtiges Zusammengehörigkeitsgefühl und ich hoffe, dass dieses Erlebnis auf der Bühne auf für die Leute ein gemeinsames Ergebnis ist, über das wir sprechen können!
Jan: Es war ja kein Orakel. Das Thema hattest du ja schon immer. Es gab ja schon immer die Nazis und dummen Leute, die die alten Geschichten und Wahrheiten leben. Jetzt ist es in der Pop-Medienwelt angekommen. Arschlöcher, die rumlaufen und sich als solche verhalten, hattest du immer. In den 90er-Jahren haben Nazis und Skinheads halt ausgesehen wie Nazis und Skinheads. Jetzt sehen sie halt aus wie…. Keine Ahnung….
Älice: Lacoste-Models!
Jan: Lacoste-Models. Aber die Präsenz solcher Menschen ist ja kein neues Erscheinungsbild. Wer das verfolgt oder sich mit politischen Inhalten auseinandersetzt, hat das ja mitbekommen, dass die unter uns leben. Man kann das in der breiten Wahrnehmung schon sagen, dass wir etwas benannt haben, was jetzt noch brisanter ist. Zum dem Zeitpunkt, als der Song entstand, war es aber schon kein Orakel, sondern eine Offensichtlichkeit. Jetzt ist es nahezu anerkannter Lifestyle, Nazi zu sein. Umso schlimmer, dass das Normalität erlangt hat.
Jan: Das ist tatsächlich ein bisschen an mir vorbeigegangen.
Älice: Belassen wir es dabei, dass es eine Bildzeitungsgeschichte ist.
Jan: Das liegt wohl eher am Routing und der Frage, wann die Clubs Zeit haben. Erlangen liegt ja im Gegensatz zu Hamburg eher im Süden. Wenn man aus der Schweiz kommt, ist Erlangen der bessere Landungspunkt als Rostock. Erlangen war schon immer ein Standort, an dem wir gut funktioniert haben. Wir haben ja ein relativ krasses Stadt-Land-Gefälle, was unsere Fanbase angeht. Das ist bei Inhalte vermittelnden Bands aber immer so, dass es auf dem Land schwieriger ist. Es klingt vielleicht etwas voreingenommen, aber bewahrheitet sich bei unserer Fanbase auf jeden Fall. Erlangen als Unistadt hat einen Haufen Leute, die sich für uns interessieren. Da sind wir immer gut angenommen worden.
Älice: Nachdem ich jetzt erstmals in Erlangen war mit euch in diesem kleinen Club. Die Leute sind so abgegangen. Seitdem ist Erlangen in meinem Herz. Auch wenn es vorher überhaupt nicht auf meinem Radar war. Aber die Leute, das war ein unfassbarer Gig. Erlangen. Selbst wenn wir auf der Straße spielen würden, wäre Erlangen eine Station.
Jan: Das ist natürlich auch so, dass wir nie näher an meine Heimat kommen werden.
Jan: (lacht lauthals). Ich habe schon gute Gigs im Zentrum gespielt! Wir hatten unseren Proberaum damals im Zentrum. Das ist schon ein bisschen her. Für Bookinganfragen jeder Art sind wir offen.
Älice: Was heißt hier jeder Art (lacht ebenfalls lauthals).
Jan: Das stimmt. Das letzte Mal, als wir dort gespielt haben, hatte ich eine Gehirnerschütterung und war gar nicht dabei. Daher hoffe ich, dass es dieses Jahr klappt. Die Kulturarena ist schon ein richtig gutes Ding. Ich würde mir ja wünschen, dass sich die Weltkulturerbestadt Weimar sich auch einmal intensiver um ihre Kultur bemüht. Hier ist gerade eher so Provinz.
Jan: Wir sollten aber noch einmal erwähnen, dass wir unsere neue Single gerade released haben. Die ist gerade, wenn wir über politische Inhalte reden, extrem. Einer der Songs, die mich seit langem am meisten bewegt haben. Die Scheibe muss sich jeder Mensch anhören. Der Song steht für sich. Es ist mir ein persönliches Anliegen. Hört euch das an!
Jan: Wir freuen uns auch. Zwei neue Songs sind auf jeden Fall an Bord.
Älice: Vielen Dank auch!