Soeben angekommen: Eichstätt Bahnhof. Inmitten dieser auffällig grünen Lunge des Altmühltals, im tiefsten Oberbayern, mäandert die kleinste Universitätsstadt der Republik behäbig ihren Fluss entlang in polyzentrischer Anmutung, sorgfältig eingebettet in alle Schichten der Natur. Den Kern der Region, Eichstätt Stadt, erreichen die Besucher:innen über die Zugverbindung Bahnhof-Stadt, die Einheimische wie Tourist:innen in etwa einstündigem Rhythmus in das kleine urbane Herz der Region befördert. In Eichstätt Stadt angekommen ist die Seele bereits deutlich entschleunigt. Es breitet sich in fußläufiger Ausdehnung ein barockes Kleinod vor meinen Augen aus, dessen Pracht mit zahlreichen architektonischen Kontrapunkten und stilistisch facettenreich zum gut beschilderten Stadtrundgang einlädt. Vorbei am Dom mit seinem eindrücklichen Kreuzgang, an der ehemaligen fürstbischöflichen Residenz entlang zum Residenzplatz. Zum Alten Stadttheater, der gut sortiert bespielten Haupt-Kulturstätte, zum Bischöflichen Palais bis zum Leonrodplatz mit der Schutzengelkirche mit ihren 567 Engelsdarstellungen in Stuck, Holz, Öl- und Freskomalerei, die noch bis Ende Oktober Ausweichstätte für den Eichstätter Dom ist, der kurz vor dem Abschluss seiner ausgiebigen Sanierung steht. Im Diözesanmuseum lädt neben der Dauerausstellung mit Exponaten des Domschatzes noch bis 31. Oktober die Sonderausstellung „Schattner 100 - Die Kunst der Fuge. Fotografien von Klaus Kinold“. Und verweist in einer äußerst sehenswerten Präsentation auf eine große Stärke Eichstätts. Die Verbindung von alt und neu, die sich insbesondere architektonisch durch die gesamte Stadt zieht und in dessen Kontext die Schaffenszeit des langjährigen Diözesanbaumeisters Schattner einen Meilenstein mit überregionaler Strahlkraft bildet. Zahlreiche Universitätsbauten und das bischöfliche Seminar sind in ihrer architektonischen Verwandlung und der bereits benannten Symbiose eindrucksvoll dargestellt. Der Lehrstuhl für Journalistik. Das alte Waisenhaus. Schloss Hirschberg. Das Diözesanarchiv. Der Besuch öffnet die Augen des Publikums in vielerlei Hinsicht und sensibilisiert für die aufmerksame Fortsetzung der Entdeckung der Stadt. Zum wunderbaren Hofgarten, vorbei an der ehemaligen Fürstbischöflichen Sommerresidenz, über den pittoresken Marktplatz mit Rathaus zum Kapuzinerkloster, Dominikanerkloster, schließlich zur ehemaligen Klosterkirche Notre Dame du Sacré Coeur. Wer ein paar Gehminuten verträgt, sieht sich die Willibaldsburg und ihren Bastionsgarten, die über dem Städtchen thronen und über viele Sichtachsen zugänglich sind, aus der Nähe an. Der Besuch des Jura-Museums Eichstätt sowie des Museums für Ur- und Frühgeschichte bezeugt eindrücklich die artenreiche Naturkunde der Region und zeigt ein seltenes Exemplar des Archaeopteryx, der die Speerspitze der dargestellten Vogelevolution bildet.
Beliebte Ziele sind auch Eichstätts Jurahäuser und die Wallfahrtstradition der barocken Klosterkirche St. Walburg, die als Bestandteil des „Immateriellen Kulturerbes“ zwei Glanzlichter der Altmühlstadt darstellen. Ohne entsprechenden Status, aber nicht weniger spannend, der Garten der Begegnung – die Illuminaten in Eichstätt, das als Zentrum dieses Geheimbundes Geschichte schrieb und diese Erinnerung lebendig hält.
Kultur findet sich in Eichstätt vielfältig. Neben dem Stadttheater vor allem im Wirtshaus „Zum Gutmann“, das in guter Frequenz zum Kleinkunsterlebnis lädt. Beliebt sind die Eichstätter Domkonzerte, die Konzertreihe Pro Musica sowie das Musikfest Eichstätt, das jährlich im Mai stattfindet. Zurück im Stadtkern treffe ich zufällig auf die heimliche Kulturzentrale des Städtchens. Der Kunstautomat war augenfällig und weist mir den Weg in die kulturelle Aktivparzelle „bildfläche“ des Fotografen Hubert P. Klotzeck. Ein Glücksfall. Wir sprechen über die Nähe zu Ingolstadt, die kulturellen Individualisten Eichstätts und über die Corona-Zeit, die, so Klotzeck, einige kulturellen Keimzellen der Stadt zum gemeinsamen Tun verbunden hat. Das Festival „Stadt, Land, Kunst“, als Biennale der Kultur angelegt, wurde so geboren und beleuchtet Eichstätts kulturelles Leben in neuen Perspektiven. Im September 2025 steht es wieder an. Wir sprechen über Eichstätts Entwicklung, die wirtschaftlich gesehen folgerichtig auf den Aufbau des Tourismus setze. In erster Linie für Aktivurlauber:innen und Naturbegeisterte. Aber auch historisch, architektonisch und kulturell Interessierte finden hier ihre Anziehungspunkte. Es ist alles da. Nur nicht zu viel. Die ein oder andere Facette mehr könnte das Städtchen wohl vertragen. Ausreizen, statt überstrapazieren, so die Strategie. Wer gerne kreativen Personen begegnet, kann das an ausgewählten Hotspots auch in Eichstätt. Nicht zuletzt bietet die Universität, auch mit ihren Studiengängen für Journalist:innen, Kunstpädagog:innen und Kunsthistoriker:innen Anknüpfungspunkte. Für die kleinere Anzahl, die mehr wollen, ist es nicht weit nach Ingolstadt. Oder auch einmal nach München. Oder sie tun sich zusammen. Und schaffen sich Räume für sich und potenzielle Besucher:innen. Damit der doch auch augenfällige Leerstand hier und da nach und nach sein morbides Gewand in charmante Aufenthaltsorte verwandelt.