Dass der Expressionismus weit mehr war und ist als nur eine Stilrichtung in der Malerei, sondern die Künstler sich vielmehr genreübergreifend ausdrückten, ist sicherlich nicht jedem bekannt, dafür sind solche Namen wie Kirchner, Heckel, Dix, Macke und viele mehr einfach sicherlich überpräsent in der deutschen Kunst- und Kulturlandschaft, insbesondere im musealen Sektor und lenken den Begriffsblick sehr stark auf die bildende Kunst.
Die nun eröffnete Ausstellung im Schweinfurter Museum Georg Schäfer wagt mit einer aufwändigen Parallelpräsentation den Spagat und beleuchtet den Expressionismus über die herkömmlichen Gattungsgrenzen hinweg. Zur Verdeutlichung werden in der Ausstellung den bildlich vorangehenden Motivgruppen aus Malerei und Grafik zwölf Filme in Ausschnitten gegenübergestellt. Diese Art der Präsentation eröffnet den Betrachtern die Möglichkeit, die Abfolge von Szenen als ein gekonntes und bewusstes Wechselspiel zwischen Malerei und Film zu begreifen - und zu genießen. Dabei fällt auf, wie stark der frühe deutsche Film der Weimarer Zeit von der expressionistischen Geisteshaltung durchdrungen war – und das nicht nur auf formaler, sondern auch auf inhaltlicher Ebene. Kunst und Film weisen in ihrer Themenwahl erstaunliche Gemeinsamkeiten auf. Es sind die großen gesellschaftlichen Umbrüche und Umwälzungen, denen das Individuum unterlag und aus denen die beiden Künste ihre Themen bezogen.
Die Ausstellung geht entlang der Filme chronologisch vor mit dem Zweck, die Motivübernahmen anschaulich zu machen, aber auch die damalige Umbruchszeit als historische Folie aufzuzeigen. Mit Traum und Trauma wie auch Deformationen werden gesellschaftliche Entwicklungen beschrieben, welche die Menschen durchlebten und die in der Kunst und im Film des Expressionismus widerhallen. Das Ohnmachtsgefühl gegenüber dem rasanten gesellschaftlichen Wandel machten psychische Ausnahmeerscheinungen und die innere Zerrissenheit des Individuums aber auch zu einem wichtigen Thema des Expressionismus. In den Porträts, den Landschaften und den Stadtansichten der KünstlerInnen spürt man diesen Zerfall des Ich ebenso wie in den Filmen, die sich mehr und mehr mit menschlichen Abgründen beschäftigen.
Die Ausstellung bietet einen spannungsgeladenen Rundgang vorbei an Meisterwerken u. a. von August Macke, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Otto Dix, Arthur Segal oder Wilhelm Kohlhoff. Diese Arbeiten werden kombiniert mit Ausschnitten aus zwölf berühmten Filmen, u.a. aus: Metropolis (Fritz Lang), Der letzte Mann (F. W. Murnau), Nosferatu - eine Symphonie des Grauens (F. W. Murnau), und Das Cabinet des Dr. Caligari (Robert Wiene). Ein Rundgang, der in einem doppelten Sinn ins Innere führt: ins Innere des Expressionismus und ins Innere einer Gesellschaft inmitten der damaligen Zeitenwende.
„Expressionismus in Kunst und Film“
Die Ausstellung wird vom 13. November bis zum 12. Februar 2022 im Schweinfurter Museum Georg Schäfer gezeigt. Weitere Informationen findet man online unter www.museumgeorgschaefer.de.
Wichtiger Hinweis: Diese Ausstellung ist für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren nicht geeignet.