Der Ausruf „Fortschritt!“ überschreibt die kommende Spielzeit 19/20 am ETA Hoffmann Theater Bamberg und das renommierte Stadttheater stellt sich den vielfältigen Themen, die mit diesem großen Motto einhergehen. Die Rasse Mensch ist nicht ohne Fortschritt im Sinne der Erfindungen und Experimente denkbar, jedoch muss man sich, besonders im Zeitalter der Digitalisierung, ein neues Bewusstsein dafür erarbeiten. Wie verändern wir uns als Menschen durch den technologischen Fortschritt? Welche Gefahren bergen die futuristischen Technologien, die wir gerade erst zu verstehen beginnen? Dies sind nur zwei der zahlreichen Fragen, die das kunstvoll zusammengestellte Programm behandelt.
Eröffnen wird die Spielzeit die Intendantin persönlich mit FAUST 1IN2am 11.10.2019. Dabei handelt es sich um eine originelle neue Zusammenstellung des Faust-Stoffes von J. W. von Goethe, denn es wird der Tragödie zweiter Teil mit Rückgriffen auf den ersten Teil zu sehen sein, womit beide Stücke innerhalb eines Abends erzählt werden. Nur zwei Tage später, am 13.10.2019, wird DER REICHSKANZLER VON ATLANTISvon Regisseurin Brit Bartkowiak zur Uraufführung gebracht werden. Das zeitgenössische Stück von Björn SC Deigner wirft einen humoristisch-scharfen Blick auf die Reichsbürgerszene und das Absurde dieser nicht zu unterschätzenden Bewegung im rechten Milieu. Aber keine Furcht: wie alle Jahre wieder wird es zu Weihnachten ein Märchen zu sehen geben. Dieses Jahr darf Hans Christian Andersens DIE SCHNEEKÖNIGIN(16.11.2019) in einer Inszenierung von Kathleen Daeger-Ostermeier die Bühne verzaubern.
Damit ist das bisherige Kalenderjahr aber nicht zu Ende. Rund eine Woche später präsentiert das Studio SIEBEN NÄCHTE (22.11.2019), eine Bearbeitung des gleichnamigen Romans von Simon Strauß, inszeniert von Alexander Ritter. Dieser erzählt von dem semi-anonymen S., der, aus der gepolsterten gesellschaftlichen Mittelschicht stammend, sich nach dem Erregenden und dem Pathos im Leben sehnt. Dabei ist seine Geschichte der Verbindung zwischen Faust und Mephisto in Goethes Klassiker nicht unähnlich. Auch Oscar Wilde, der Meister der geist- und pointenreichen Dialoge, wird daneben nicht fehlen. Am 29.11.2019hält Sebastian Schug mit der Komödie BUNBURY – ERNST SEIN IST ALLESauf der Großen Bühne Einzug, die auch das Silvesterstück zum Jahreswechsel sein wird.
Das neue Jahr startet dann mit einer weiteren Uraufführung. DAS ENDE DER MENSCHHEIT(17.01.2020) von Bonn Park, inszeniert vom Autor persönlich, fasst das Spielzeitmotto melancholisch-humorvoll auf. Führt das, was wir Fortschritt nennen, eventuell zum titelgebenden Ende der Menschheit? Nachdem Bamberg ihn letzte Spielzeit vermisst hat, ist Konstantin Küspert kommende Saison mit einer neuen Uraufführung zurück. FORT SCHREITEN (24.01.2020), in Auftrag gegeben und in Szene gesetzt von der Intendantin, bedient sich des Prometheus-Mythos‘, um spielerisch darüber zu phantasieren, wohin der Fortschrittsglaube die westliche Gesellschaft tragen wird. Dystopisch ausgelegt wird das Spielzeitmotto in einer Bearbeitung von Ödön von Horváths Roman JUGEND OHNE GOTT(6.03.2019). Darin rottet sich eine Schulklasse, die im nationalsozialistischen Regime aufgewachsen ist, gegen ihren humanistisch denkenden Lehrer zusammen. Regie: Elsa-Sophie Jach.
Thomas Köcks sozialanalytische Stücke PARADIES FLUTEN/HUNGERN/SPIELEN(14.03.2020) wurden bereits zuvor zur Aufführung gebracht – allerdings jeweils nur eines der drei. Das ETA Hoffmann Theater dagegen wird diese Klimatrilogie als ein zusammenhängendes Werk auf die Bühne stellen, in einer Erstaufführung von Cilli Drexel. Auch Anton Tschechows melancholische Komödie DER KIRSCHGARTEN (2.05.2020), von Sibylle Broll-Pape inszeniert, darf man in Bamberg erwarten. Darin wird die These umgesetzt, dass wer sich gegen eine aktive Auseinandersetzung mit der Zukunft sperrt, die Konsequenzen zu spüren bekommt. Namenspatron E.T.A. Hoffmann wird ebenfalls vertreten sein, indem DER SANDMANN (8.05.2020) in einer Bearbeitung, sowie in der Regie von Hannes Weiler auf die Bühne kommt. Die Spielzeit wird herzhaft-fröhlich beschlossen werden, indem die Calderón-Festspiele Moliéres berühmte Komödie DIE SCHULE DER FRAUEN(27.06.2020) durchlaufen – und das Publikum sich über das Scheitern männlicher Allmachtsphantasien amüsieren darf. Hierbei darf Isabel Osthues Regie führen.
Darüber hinaus kommen im Juni 2020 die 37. Bayerischen Theatertage nach Bamberg, unter dem Titel WIR KÖNNEN AUCH ANDERS. Stephan Ullrichs Leseabende in der TREFFBAR laufen ebenfalls weiter, dann mit Thomas Manns ZAUBERBERG zum Gegenstand. Des Weiteren wird im Oktober 2019 in Kooperation mit dem internationalen Künstlerhaus Villa Concordia das SCHAMROCK-FESTIVAL 2019, ein Lyrikerinnen-Festival, stattfinden. Die beliebten Serienprogramme ETA FRAGT und ETA TRIFFT werden genauso fortgesetzt werden.
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