Eigentlich ist der Fall klar: eine Biennale findet, wie es die Wortbedeutung will, alle zwei Jahre statt. In Weimar stellt man sich jedoch neuerdings die Frage, ob man eine bereits existierende Biennale nicht verschränken sollte mit einer zweiten Veranstaltungsreihe dieses Typs, freilich thematisch anders ausgerichtet. Inspiriert von der venezianischen Biennale, die ja auch jedes Jahr stattfindet (abwechselnd in den zwei Sparten Architektur und Kunst), hat man sich nun in Weimar entschieden, es Venedig gleich zu tun und dem Festival Bach Biennale Weimar eine weitere Zweijahresveranstaltung beizugesellen.
Ab 2022 wird das Spektrum also erweitert um das innovative Format Improvisation & Competition. Dabei soll es um Wettbewerbe, Open Airs, Jam Sessions & freikünstlerische experimentelle Formate, KIBA KinderBachBiennale und Musik im öffentlichen Raum gehen, kurz gesagt: um „Bachs für alle“. Denn natürlich steht der spätere Thomaskantor, der vor seiner Leipziger Zeit Weimar als Hofmusiker zur Bachstadt machte, im Mittelpunkt des Festivals. Hier entstanden wichtige Werke, hier wurden seine später ebenfalls berühmt gewordenen Söhne geboren.
Heuer wird man sich in Weimar auf die „Suche nach dem verlorenen Klang“ begeben. Dahinter steckt die Überzeugung, dass J.S. Bach ein Leben lang einen innerlichen Improvisationsprozess absolviert hat und ihm die Zeit gar nicht reichte, das alles aufzuschreiben, was ihm durch den Kopf ging. Daher das Biennalemotto mit dem Schwerpunkt Improvisation. Gleich im Eröffnungskonzert am 7. Juli in der Weimarer Herderkirche geht es sehr intensiv genau darum. Das Scroll Ensemble mit Anaïs Chen wagt das Kunststück, ganze Konzerte als Gruppe zu improvisieren!
Anderntags geht es am selben Ort mit der KIBA und einem Kinder- und Familienkonzert weiter. „Meet up“ lautet die Devise am selben Tag, wenn im Mehrgenerationen-Haus Weimar West regionale und auswärtige Improvisatoren und Improvisatorinnen ihr diesbezügliches Können unter Beweis stellen. Ein weiteres Meet Up ist abends im Herderhof dem Orgelwettbewerb gewidmet, ein drittes zum Biennaleschluss am 10. Juli stellt die Frage „Impro – Quo vadis?“ und beteiligt sowohl das Publikum als auch eine international besetzte Expertengruppe.
Drei Jam Sessions mit regionalen und auswärtigen Improvisatoren vervollständigen das Programm dieser Biennale, die im Abschlusskonzert am Beispiel der Musikerfamilie Bassano die Frage nach den migrantischen Wurzeln der Renaissancemusik stellt.