Je mehr man sich in der Metropolregion Nürnberg der namensgebenden Stadt nähert, desto größer wird auch das kulturelle Angebot. Erlangen, eine der wohl schönsten Hugenottenstädte Süddeutschlands, hat dabei einiges zu bieten, aber auch der nördlich, im Schatten des großstädtischen Nachbarn gelegene Landkreis Erlangen-Höchstadt muss sich nicht verstecken.
Noch bis Anfang der Nullerjahre war das 13.000 Einwohner zählenden Höchstadt/Aisch eng mit der Schuhindustrie verbunden. Seit 1929 wurden in der sechs Jahre zuvor errichteten Pinselfabrik in der Bahnhofstraße Schuhe hergestellt. Schade war es deshalb schon, als die Firma Manz, die das Gebäude 1989 kaufte und zuletzt als Schuhfabrik nutzte, die Segel in Höchstadt strich und in die Nachbargemeinde Gremsdorf umzog. Das denkmalgeschützte Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen, stellte die Stadt nun vor neue Herausforderungen. Die Idee war geboren: die alte Fabrik sollte in ein Kulturzentrum umgewandelt werden. 2004 konnten die Umbauarbeiten beginnen, die bis 2009 einen ziemlichen Kraftakt bedeuteten. 9 Jahre sind seitdem vergangen, die Idee scheint aufgegangen zu sein. Die heutige „Fortuna Kulturfabrik“, die nach der ersten ansässigen Schuhfabrik benannt ist, sieht heute schöner aus denn je und kann sich auch inhaltlich sehen lassen. Sie ist der kulturelle Anlaufpunkt für die Menschen der Region und ein Ort der Begegnung. Der Marie-Elisabeth-Schaeffler-Kultursaal wird für Comedy-, Kabarett- und Tanzveranstaltungen, Konzerte, Theateraufführungen und Vorträge und Sitzungen genutzt. Außerdem beherbergt das Gebäude eine Musikschule, die städtische Volkshochschule, die Stadtbücherei inklusive Mediencafé und das Jugendzentrum.
DAS Zentrum soziokultureller Kultur in der Region (und weit darüber hinaus) ist das E-Werk in Erlangen. Kulturschaffende aus der „freien Szene“ geraten ins Schwärmen, wenn danach gefragt wird, wie Soziokultur organisiert sein sollte und wo ideale Bedingungen geschaffen wurden, um sich als freier Kulturschaffender entfalten zu können. Die Antwort: „Das E-Werk in Erlangen“. So etwas wünscht man sich auch andernorts. Das Kulturzentrum E-Werk, dessen Geschichte 35 Jahre zurückreicht, gilt als eines der größten seiner Art in Deutschland und hat zweifelsohne Vorbildcharakter. Das 1901 als Elektrizitätswerk erbaute Haus verfügt über vier große Spielstätten und 2500 Quadratmeter Veranstaltungsfläche, die immer gut bespielt ist. All das hat sich aus zwei kleinen Jugendtreffs entwickelt, die Anfang der 1980er-Jahre ins E-Werk „verdrängt“ wurden. Jugendarbeit wird deshalb noch heute großgeschrieben. Neben zahlreichen Veranstaltungen, die von der entsprechenden Programmstelle in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen erarbeitet und geplant werden, arbeiten seit über zehn Jahren zwei Streetworker mit dem Fokus auf Jugendarbeit von ihrem Büro im E-Werk aus. Getragen wird das Konzept E-Werk von einem Verein und einer GmbH, außerdem kümmern sich im E-Werk rund 80 ehrenamtliche Mitarbeiter um die Versorgung mit Kultur. Dazu zählt die spartenübergreifende Organisation von Formaten wie „Jazz for Free“, dem Poetry Slam u.a. Auch das Thema Bildung haben die Verantwortlichen angepackt und bieten nicht nur Lesungen und Kurse an, sondern geben dem politischen Diskurs in verschiedenen Veranstaltungen jede Menge Raum und Stimme. Auf Eigeninitiative gegründete Gruppen arbeiten in der Fahrrad-, Töpfer- oder Siebdruckwerkstatt, Computer- oder Autorengruppe und freuen sich über „Neulinge“.
Auch für Museumsgänger ist Erlangen ein gutes Pflaster. Einblicke in die Stadtgeschichte liefert das Stadtmuseum am Martin-Luther-Platz. Hier informiert eine Dauerausstellung über die Stadtentwicklung vom Auftreten der ersten Menschen in der Region bis ins 20. Jahrhundert. Im Fokus stehen das hugenottische Handwerk, die barocke Residenz und die Universität. Auch über die Siemensstadt Erlangen und die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg kann man während eines Rundganges einiges erfahren. Sonderausstellungen, die mehrere Monate laufen, vervollständigen das Programm des Museums. Merke: Während der Pause zwischen zwei Sonderausstellungen ist der Eintritt ins Stadtmuseum stets frei!
Anlaufstellen für Kunstliebhaber sind das Kunstmuseum im Loewenichschen Palais (regionale Kunst nach 1945) und Kunstpalais (internationale Kunst nach 1945) im Palais Stutterheim. Selbst künstlerisch tätig werden können Kinder und Jugendliche in der Jugendkunstschule, eine Bildungseinrichtung der Stadt Erlangen.
Theatergänger sind natürlich im Markgrafentheater bestens aufgehoben. Darüber hinaus gibt es aber auch unabhängige Theater wie das Theater fifty-fifty. Hier gibt es seit fast 30 Jahren Kabarett, Comedy, Musik und weitere Veranstaltungen. Regelmäßig schaut sogar die Prominenz aus Film und Fernsehen vorbei. So kann man sich im April auf Schauspielerin Lisa Fitz und Kabarettistin Lizzy Aumeier freuen. Fans von Extra 3 kommen im Mai auf ihre Kosten, wenn Bayern-Korrespondent und CSU-Botschafter Maxi Schafroth ins fifty-fifty einkehrt. Bärig!
Für mehr Informationen:
www.fortuna-kulturfabrik.de
www.e-werk.de
www.erlangen.de
www.juks-erlangen.de
www.theaterfiftyfifty.de
Fotocredits:
Fortuna Kulturfabrik Höchstadt an der Aisch, Foto: Franziska Gurk © 2mcon, Bamberg
Eingangsbereich E-Werk Erlangen, Foto © 2mcon, Bamberg