Zweihundert Jahre Museumsarchitektur sind in Berlins bedeutendstem Kulturareal inmitten der Spree vereint. Stein um Stein schreibt das Viertel Museumsgeschichte - nicht nur die Berlins, präsentiert es Museengeschichten zwischen großen und kleinen Erzählungen und eine Museenentstehungsgeschichte zwischen antiken Ideen, feudalen Prinzipien und bürgerlichen Befreiungsakten. Seit 1999 geadelt mit dem Welterbetitel der UNESCO. Fünf historische Bauten, sind zu einem einzigartigen bildungslandschaftlichen Ensemble verknüpft, obwohl ihre architektonische Unabhängigkeit erhalten blieb. Einst orientiert am Vorbild, dem Museé Francais im Pariser Louvre, das die königlichen Kunstsammlungen öffentlich zugänglich machte, plante Karl Friedrich Schinkel in Berlin einen Museumsbau, ordnete die nördliche Spreeinsel neu. Und repräsentierte zugleich den bürgerlichen Aufstieg im modernen Nationalstaat. Ein bedeutendes Werk des europäischen Klassizismus entstand und bildet noch heute wichtige Teile der Museumsinsel. Zunächst geprägt vom Gedanken des Universalmuseums, in dem Kunst und Wissenschaft Hand in Hand gehen, diversifiziert sich die Insel mit der Entstehung der neueren Häuser zunehmend. Das geteilte Deutschland ist nur eine der gravierenden Transformationsbedingungen der Museumsinsel. Erst 1999 gelang es der Stiftung Preußischer Kulturbesitz schließlich mit dem „Masterplan Museumsinsel“, die unterschiedlichen Ansätze mit einem roten Faden zu umreißen und zielgerecht Richtung Zukunft zu denken. Grundlegend für die Konzeption waren die historischen Planungen als „Freistätte für Kunst und Wissenschaft“.
Die Museen der Insel formieren seitdem schrittweise ihr heutiges Gesicht. Wichtige Neuerung zur Verknüpfung war die „Archäologische Promenade“, die das Alte Museum (1830 eröffnet), das Neue Museum (1843 bis 1855 erbaut), das Pergamonmuseum (1910 bis 1930 erbaut) und das Bode-Museum (1897 bis 1904 als Kaiser-Friedrich-Museum erbaut) unterirdisch verbindet. Ein neues Eingangsgebäude, die James-Simon-Galerie, dient als Empfangszentrale. Sie lenkt die BesucherInnenströme und entlastet die denkmalgeschützten Gebäude. Als Besucherzentrum übernimmt die James-Simon-Galerie zentrale Servicefunktionen. Neben Tickets und Informationen zu allen Häusern finden BesucherInnen hier ein Café, einen Museumsshop, ein Auditorium und einen Raum für Sonderausstellungen. Das Gebäude dient zudem als alleiniger Zugang zum Pergamonmuseum und über die unterirdische Archäologische Promenade als einer von zwei Zugängen zum Neuen Museum. Nach Fertigstellung des Masterplans soll die Erschließung über die Archäologische Promenade vom Alten Museum bis hin zum Bode-Museum reichen.
Auf insgesamt 8,6 ha strukturiert sich das Museumsareal und lädt rund um die Uhr auf seine frei zugänglichen Außenflächen, die zu Erholungsräumen umgestaltet wurden. Der Kolonnadenhof entstand 2010 als öffentlicher Garten nach historischem Vorbild. Die ausgestellten Skulpturen im Kolonnadenhof vertreten exemplarisch die Sammlung der Nationalgalerie und verweisen zugleich auf die reichen Bestände im Inneren.
So gelingt zeitgemäße Funktionalität in alten Gemäuern, die die großen Themen der Kunstgeschichte beherbergen.
Inhaltliche Säulen der Museumslandschaft sind acht Sammlungen, die in fünf Museen des Areals untergebracht sind. Im Alten Museum findet sich die Antikensammlung: von bemalten Vasen über den "Betenden Knaben" bis hin zu farbigen etruskischen Architekturfragmenten, die mit dem klassizistischen Bau außergewöhnlich zusammenstimmen. Sie besteht aus der Dauerausstellung zur Kunst und Kultur der Griechen, Etrusker und Römer und dem Münzkabinett. Vor- und frühzeitliche Kulturen vom Vorderen Orient bis zum Atlantik und von Nordafrika bis Skandinavien sind im Neuen Museum vertreten. Es zeigt Objekte aus dem Ägyptischen Museum, dem Museum für Vor- und Frühgeschichte, der Antikensammlung und der Papyrussammlung. Von der berühmten Troja-Sammlung Heinrich Schliemanns bis zum geheimnisvollen bronzezeitlichen "Berliner Goldhut". Bekanntestes Exponat ist die Porträtbüste von Nofretete. Die Alte Nationalgalerie zeigt Werke aus dem 19. Und frühen 20. Jahrhundert. Dort finden sich Gemälde und Skulpturen, welche die großen Strömungen in der Kunst von der Goethezeit bis zum Realismus veranschaulichen. Sie und die Neue Nationalgalerie sind die Schauräume der Sammlung der Nationalgalerie, die außerdem in weiteren Häusern außerhalb der Museumsinsel präsentiert wird und so einen Bogen zu anderen Arealen Berlins spannt. Im Pergamonmuseum sind antike Architekturen Thema. Unter anderem das Ischtar-Tor mit der Prozessionsstraße von Babylon oder die Mschatta-Fassade. Zudem sind darin die Antikensammlung, das Vorderasiatische Museum und das Museum für Islamische Kunst zu finden. Zurzeit wird das Haus nach den Plänen von Oswald Mathias Ungers saniert. Dabei wird der Gedanke Alfred Messels, den Bau durch einen vierten Flügel zum Kupfergraben hin zu vervollständigen, aufgenommen. Im Zuge der Sanierung bleibt der Saal mit dem Pergamonaltar bis mindestens 2025 geschlossen. Von der Schließung betroffen sind der Nordflügel sowie der hellenistische Saal.Während im Bode-Museum das Museum für Byzantinische Kunst, die Skulpturensammlung und das Münzkabinett ausgestellt sind. Dabei sind den europäischen Skulpturen vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert immer wieder Arbeiten der jeweiligen Epoche aus der Sammlung der Gemäldegalerie zur Seite gestellt – ein Konzept, das dem Spiritus Rector des Museums, Wilhelm von Bode, folgt.
Dazu gesellen sich nunmehr Depotbauten, Verwaltungsräume und Werkstätten sowie das Archäologische Zentrum im nördlichen Teil und das Zentralarchiv der Staatlichen Museen. Südlich wurde das Humboldt-Forum als neues Museumszentrum errichtet, das teilweise als Nachbau des Berliner Schlosses entstand. In ihm sind das ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst sowie das Stadtmuseum. Auch dieser Neubau erweitert die Museumsinsel über ihren traditionellen Grundriss hinaus und stellt erfolgreich Satelliten-Verbindung in die Stadt hinein her. Zusammen mit den intentional gestalteten Freiräumen zwischen den musealen Gebäuden und Strukturen, wächst final ein Kulturareal über seinen historischen, bildungsbetonten Gedanken hinaus.
Als Publikumsmagnet im Stadtkern ist die Museumsinsel längst etabliert. Als dynamische Neuordnung des historisch bedingten (baulichen) Chaos noch länger stetige Herausforderung. In seiner Expansion zum Kulturareal über den Schwerpunkt als Bildungslandschaft hinaus wohl noch in den Kinderschuhen. Aufenthaltsqualität ist Trumpf und Rezept für die Zukunftsgestaltung gleichermaßen. Wer sich auf die Jahrtausende alten Pfade der Geschichte Europas begeben will, betritt mit der Museumsinsel in Berlin einen Meilenstein musealer Wirkungsgeschichte inmitten einer unvergleichbaren Vielfalt an Exponaten. Architektonisch hochklassig gewachsen und gestaltet bietet das Areal facettenreichen musealen Stoff für tagelanges Sehen, Denken, Staunen und Überdenken. Für das Verweilen bei zahlreichen Meilensteinen europäischer Kulturgeschichte. Mit den Museumshöfen gestalten sich Funktionsgebäude und Wissenschaftsstandorte ins unmittelbare museale Umfeld und komplettieren das museale Schaffen an diesem eben stark, vielleicht noch zu museal gedachten Stadtteil. Eine Reflexion, eine Öffnung in andere gesellschaftliche Bereiche hinein, eine Pflege der potenziellen kreativen Milieus in unmittelbarer Nachbarschaft, die das Museale hinterfragen, öffnen und gewinnbringend ergänzen, wird kaum sichtbar. Zumindest nicht, ohne intensiver in das Innenleben des Areals einzusteigen. Genau das könnte, hier ließe sich beispielsweise aus Kassel lernen, ein zukunftsweisender, überfälliger Schritt sein. Partizipative Modelle, zufällig oder sortiert gestrickte Netzwerke, reflektierende Modellversuche könnten das Areal auf seine nächste Stufe heben. Dazu allerdings dürfen nicht Besucherzahlen, Umwegrentabilitäten und museal versteifte Exzellenz-Strukturen zur politischen Legitimation im Vordergrund stehen, sondern der gesellschaftliche Auftrag und eine rotierende Beschäftigung mit der vorhandenen Aufgabenstellung und den Potenzialen um diese herum. In dieser Hinsicht werden sich die Dynamiken und Herausforderungen des Kulturareals Museumsinsel Berlin stetig in die Zukunft schreiben und es ist an Bund und Land Berlin, den beiden Trägern, hier innovativ und großzügig Richtung Zukunft zu entwickeln und den eigenen Auftrag wiederkehrend neu zu definieren und nach Möglichkeit zu erweitern. Denn die großartigen Potenziale von Kulturquartieren sind längst noch nicht gehoben und verglichen mit manch anderen Kulturarealen noch deutlich ausbaufähig.