„Nürnberg ist ein attraktiver Theaterort“, so Staatsintendant Jens-Daniel Herzog gleich zu Beginn des Gesprächs im XRT-Raum des Schauspielhauses. Bewerbungen für die Nachfolge von Jan Philipp Gloger, dem derzeitigen Direktor der Schauspielsparte im Theater Nürnberg, der zur Spielzeit 2025/26 als Intendant an das Wiener Volkstheater wechseln wird, habe es mehrfach gegeben. Die Wahl sei aber übereinstimmend auf die Dramaturgin Lene Grösch gefallen. Sie sei eine innovative Theaterpersönlichkeit, mit sehr genauen Vorstellungen, wie sie ihre Arbeit in Nürnberg angehen möchte. Die gebürtige Nürnbergerin wird als erste Frau die Schauspielsparte des Theaters leiten. Die Bedeutung der Neubesetzung mit Lene Grösch, spiegelte auch die Videobotschaft von Prof. Dr. Julia Lehner, Nürnbergs Bürgermeisterin mit dem Geschäftsbereich Kultur.
Momentan ist Grösch Geschäftsführende Dramaturgin im Schauspiel des Theaters und Orchesters Heidelberg, dort zusätzlich für internationale Kontakte zuständig. 2017 übernahm sie mit ihrem Kollegen Holger Schultze die künstlerische Leitung des damals neu initiierten Festivals „iAdelante!“, mit dem sich das Theater Heidelberg maßgeblich als Plattform für iberoamerikanisches Theater etablierte. Bisher einmalig in Deutschland.
Nach Nürnberg zurückzukehren, sagt sie, sei jetzt der richtige Zeitpunkt, zudem sei es der richtige Ort und die neue Herausforderung reize sie. 20 Jahre arbeitete die Dranaturgin außerhalb Nürnbergs, etwa in Leipzig, wo sie in den Fächern Germanistik, Theaterwissenschaft und Philosophie auch studiert hatte, Ingolstadt, Oldenburg oder Heidelberg. 2009 hatte sie ihr Studium an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig als Diplomdramaturgin abgeschlossen. Zu ihren Fächern gehörten Germanistik, Theaterwissenschaft und Philosophie.
Nun kehrt sie zu ihren fränkischen Wurzeln zurück, an ihr Heimat-Theater, wie sie es selbst beschreibt. Mit dem Haus verbindet sie eine einjährige Hospitanz in der Dramaturgie des Staatstheaters Nürnberg vor Studienbeginn. Vieles habe sich im Lauf der Jahre hier in Nürnberg verändert, aber auch sie bringe reichlich Erfahrung und auch den Blick von außen mit in die fränkische Metropole. Die Stadt und das Theater wieder neu zu entdecken und gleichzeitig mit neuen Impulsen zu versehen, darauf freue sie sich besonders. Ihre Leidenschaft am Beruf ist spürbar. Die Menschen vor Ort möchte Grösch mit einbeziehen, allerdings das Haus auch international und interkulturell vernetzen. „Das soll auch auf der Bühne sichtbar werden“, betont sie, was auch der Metropolregion im Allgemeinen zugutekäme.
Wichtig sei es, betont die neue Schauspieldirektorin, immer zu überlegen, wo man inszeniert, mit wem und vor allem auch für wen die Stücke gedacht sind. Der Ansatz dürfe durchaus lokal sein, müsse aber mit einem darüber hinaus gehenden Blick, etwa derart, was machen andere dazu, in Verbindung stehen. Dabei könnten, unter Nutzung ihres umfangreichen internationalen Kontakt-Netzwerks auch interessante Kooperationen entstehen. Auch die neue Sparte des Extended Reality Theater – XRT, möchte Grösch weiterführen. Das Nürnberger Projekt sei in der deutschen Theaterlandschaft ein bisher einmaliges experimentelles Projekt. Digitales Theater nachhaltig auch in den anderen Theaterbereichen zu verorten, könne dabei ein weiterer Ansatz sein.
Die neue Direktorin hat zwar schon konkrete Ideen, möchte aber diese ersten Details zum momentanen Zeitpunkt noch nicht verraten. An bisherige künstlerische Erfolge des Nürnberger Hauses möchte Grösch anknüpfen, aber auch neue Konzepte und Ideen einbringen. Dabei vertraue sie auf ein starkes Ensemble sowie ein Schauspielhaus, das gut in Schuss sei. Sie möchte Bedingungen schaffen, die Künstler:innen zusammenführen, ihnen dadurch die Möglichkeit geben, gemeinsam auf der Bühne etwas Neues zu erschaffen.
Die Vorbereitungszeit bis zum Beginn ihrer ersten Spielzeit, nennt sie recht sportlich, aber sie sei schon auf einem guten Weg. Selbst Regie übernehmen, wird Lene Grösch nicht, sie überlegt aber, auch Kolleg:innen von außen dazu holen. Vorstellen könne sie sich auch eine:n eigene:n Hausregisseur:in. Bisher nur eine Vision. Wichtig sei ihr bei den Menschen, die sie nach Nürnberg holen würde, dass sie eine tolle Ästhetik mitbringen, die auch das Publikum mitdenken und die eine Vorstellung davon haben, wie sie das umsetzen wollen. Wichtig sei ihr auch, dass dies in einem guten Miteinander, mit vielen unterschiedlichen Ansätzen erfolge. Am besten gefiele es ihr, so Grösch, wenn die Stücke sie, neben einer professionellen Umsetzung auch sonst noch überraschen könnten.