Wer in diesem Sommer Bamberg und das Umland besucht, der kann nicht nur seinen kulinarischen, sondern dabei auch seinen kulturellen Horizont enorm erweitern. Gleich vier Ausstellungen in Stadt und Landkreis Bamberg präsentieren Kunstwerke, Stories und Wissenswertes zu erstaunlichen Themen. Wir stellen Ihnen die Ausstellungen kurz vor:
Sammlung Ludwig im Alten Rathaus
„Fake Food. Essen zwischen Schein und Sein”
Von der Petrischale auf den Tisch: Wie „echt“ ist unser Essen? Und war es früher besser? Während im 18. Jahrhundert der edle Spargel aus Porzellan täuschend echt nachgebildet wurde, sind die heutigen Methoden, Essen zu „faken“, vielfältiger und raffinierter: Erdbeergeschmack entsteht durch Schimmelpilzkulturen, Superfood kommt aus der Tube, und die Bio-Kartoffel wird mit großem CO2-Fußabdruck aus Ägypten importiert.
„Fake Food. Essen zwischen Schein und Sein“ ist ab 28.4.2023 im Alten Rathaus in Bamberg geöffnet. Die interaktive Ausstellung verhandelt Fragen der Echtheit, der Nachhaltigkeit und der kulturellen Prägung unserer Ernährung. Sie präsentiert Hauptwerke des europäischen Porzellans und barocke Fayencen aus der Sammlung Ludwig. Dazu zeigen Installationen, Videos, Hörstationen und eine aufwändige Virtual Reality-Anwendung, wie Essen zu verschiedenen Zeiten inszeniert und imitiert wurde.
50 sogenannte „Schaugerichte“ aus dem Bestand der Sammlung Ludwig Bamberg sind in dieser Ausstellung zu sehen, viele dieser Kostbarkeiten werden erstmals öffentlich gezeigt. Die aufwändig gestalteten und lebensecht wirkenden Porzellanstücke und Fayencen aus dem 18. Jahrhundert stellen Nahrungsmittel dar: damals seltene, exotische Oliven, appetitlich angerichtete Salatherzen mit Borretschblüten oder eine Terrine, die als imposanter Truthahn aus der Straßburger Manufaktur von Paul Hannong daherkommt.
Jede Station enthält ein Angebot für Kinder. Dazu ergänzt ein inklusives und methodisch abwechslungsreiches Bildungsprogramm die Ausstellung. Es gibt Führungen zu unterschiedlichen Themenbereichen und in verschiedenen Sprachen sowie eine Food Challenge für Schüler*innen. „Fake Food. Essen zwischen Schein und Sein” ist noch bis zum 26. November in der Sammlung Ludwig Bamberg, Altes Rathaus, Obere Brücke 1 in Bamberg zu sehen.
Kunstraum Kesselhaus Bamberg
„Eduard Winklhofer”
Eduard Winklhofer wurde 1961 in St. Johann / Hohenburg (Steiermark) geboren und studierte ab 1980 in Perugia an der Accademia di Belle Arti Pietro Vannucci. Er hatte engen Kontakt zu Hauptvertretern der Arte Povera und war von 1994 bis 1999 Assistent bei Jannis Kounellis an der Kunstakademie in Düsseldorf. Neben Teilnahmen an internationalen Gruppenausstellungen präsentierte er sein Werk in Einzelausstellungen u.a. in Düsseldorf, Moskau, Berlin, Mailand und Rom. Er erhielt zahlreiche Stipendien und Preise, u.a. den „Premio David di Michelangelo“ im Museo dell’Accademia in Florenz. Eduard Winklhofer lebt und arbeitet in Düsseldorf und San Sepolcro.
Winklhofers künstlerische Beschäftigung kreist um das Thema des Menschseins. Mit großer Ernsthaftigkeit denkt er über Leben, Kunst und Politik nach. Herausragende Künstler vergangener Generationen sind ihm Maßstab und Ansporn. Zeitgenossenschaft verbindet sich mit Zeitlosigkeit.
Der Kunstverein Bamberg zeigt diese Ausstellung im Rahmen seiner 200jährigen Jubiläums. Gegründet am 12.12.1823 zählt der Kunstverein Bamberg zu den ältesten und traditionsreichsten Kultureinrichtungen Deutschlands. Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Vereinsjubiläum findet man im Netz unter www.kunstverein-bamberg.de.
Stadtgalerie Villa Dessauer Bamberg
Swaantje Güntzel – „Instant Paradise”
In ihrer neuen und bislang größten Einzelausstellung schlägt Swaantje Güntzel einen inhaltlichen Bogen über die letzten 20 Jahre ihres künstlerischen Schaffens. Die historische Villa bietet den Raum für eine ästhetische Gesamtinszenierung, in der sich das Spannungsfeld zwischen verstörendem Inhalt und visueller Lust der Künstlerin spiegelt. Den neu konzipierten Arbeiten, wie etwa die SPACE HEROINES, stellt die Ausstellung ältere ausgewählte Kunstwerke von Güntzel gegenüber. Dabei modifiziert Swaantje Güntzel diese älteren Werke und präsentiert sie in einem aktualisierten Kontext. Ein Großteil ihrer älteren Arbeiten erhält durch den weiter zunehmenden öffentlichen Diskurs um ökologische Krisen eine ganz neue Aktualität und Brisanz. So entlarven sowohl die älteren als auch die neuen Werke die Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Umwelt und uns selbst.
Die umfangreiche Werkschau, deren ästhetische Mittel von konzeptuellen Rauminstallationen über Stickbilder, durch chinesische Kopisten angefertigte Gemälde bis hin zu künstlerischen Selbstversuchen reichen, läuft noch bis zum 13. August 2023 in der Stadtgalerie Villa Dessauer in Bamberg.
Levi Strauss Museum Buttenheim
„The Greatest Story Ever Worn“
Im Jahre 1872 erhält Levi Strauss, erfolgreicher Geschäftsmann in San Francisco, einen Brief des Schneiders Jacob Davis aus Reno/Nevada. Er beschreibt ein Verfahren zur Verstärkung von Arbeitshosen mit Nieten, das Jacob Davis entwickelt hat. Am 20. Mai 1873 melden die beiden Männer ein Patent auf vernietete Arbeitskleidung an. Die Jeans war geboren und mittlerweile, 150 Jahre später, ist sie aus keinem Kleiderschrank dieser Welt mehr wegzudenken.
Rund um den Globus verkörpern sie immer Lebensgefühl. Sie sind ein zeitloses Symbol für Jugend, Individualität, Robustheit, Unabhängigkeit und legeren Lebensstil. Sie begleiten die Frauenrechtsbewegung, das Gay Rights Movement und die amerikanische Bürgerrechtsbewegung. Verschiedenste Jugendkulturen, von Hippies, über Punks bis Hip Hop drücken sich mit ihr aus und im ehemaligen Ostblock gelten sie lange Zeit als Sehnsuchtsobjekt und politisches Statement. Inzwischen haben sich die grobgewebten Denimhosen in allen Gesellschaftsschichten als angesagtes Kleidungsstück etabliert. Ob bestickt, gebleicht oder zerrissen - nahezu überall ist die ehemalige Arbeitshose nun salonfähig. Selbst namhafte Designer und die Hersteller nobler Textilien führen ihre Jeans-Label. Und immer ist die blaue Hose dabei vor allem eines geblieben: authentisch.
150 Jahre sind in der Mode- und Designwelt, in der es alljährlich mindestens zwei neue Kollektionen gibt, eine Ewigkeit. Grund genug, um der Jeans eine neue Sonderausstellung zu widmen. Anlässlich des Jubiläums nähert man sich dem Dauerbrenner der Modeindustrie einmal aus soziokultureller Sicht. Die blaue Hose begleitet nicht zuletzt aufgrund ihrer Robustheit Menschen meist über einen längeren Lebensabschnitt. Was sie zusammen mit ihr erlebt haben, zeichnet sich in Form von individuellen Abnutzungsspuren auf der Hose, ähnlich wie auf einer Leinwand, ab. Die Ausstellung „The Greatest Story Ever Worn“ möchte nicht nur in der Erinnerung der Besucher ein paar („Abnutzungs“-) Spuren hinterlassen, sondern gleichzeitig dazu anregen, in die Zukunft zu blicken und die „beste Geschichte, die je getragen wurde“ weiterzuschreiben.
Die Ausstellung wird bis Ende Februar 2024 im Levi Strauss Museum, Markstraße 31-33, 96155 Buttenheim, zu sehen sein. Alle wichtigen Infos findet man unter www.levi-strauss-musem.de.