Elzbieta Steinmetz, besser bekannt als Ela., ist eine derer, die in der deutschen Musiklandschaft gerade für Wirbel sorgen. Die 31-jährige Wahlberlinerin machte sich 2014 als Sängerin der Band Elaiza einen Namen: Die Kombo ging für Deutschland beim European Song Contest (ESC) an den Start und ist seither in der Branche als Autorin, Produzentin und vor allem mit ihrem eigenen Musikprojekt eine gut gebuchte Frau. Dennoch sieht sie, die am 10. September im Erlanger E-Werk gastiert, noch einigen Nachholbedarf, was weibliche Macherinnen im Musikzirkus angeht. Direkt nach einem Drehtag stand die in der Ukraine geborene Sängerin mit polnischen Wurzeln Art. 5|III für ein Interview zur Verfügung. Eines mit persönlichen Erinnerungen, weshalb es auch branchenunüblich nicht in der Sie-Form geführt wurde, sondern man beim vertrauten Du blieb. Und eines mit vielschichtigen Themen, Erinnerungen und Hoffnungen einer Frau in der Musikbranche, die gerne mehr Frauen in dieser sehen würde.
Das finde ich auch. Mir geht es soweit ganz gut. Ich komme gerade von einem Akustik-Dreh zur aktuellen Single. Momentan ist immer gut was los.
Das war toll. Das war kurz bevor alles gestrichen wurde. Und wir dachten noch alle so: Na ja, nächste Woche geht es ja weiter. Ha ha.
Das stimmt. Am Valentinstag 2020 kam das Album raus. Und wir hatten soviel vor. Auch mit der Liebe und Krieg-Tour. Und hey. Es sah alles so rosig aus. Mit dem Moses P.-Support. Es war wirklich toll, alle hatten richtig Bock. Aber man hat auch schon gemerkt, dass da was kommt. Die ganzen Meldungen im Radio, die Leute hatten Tickets. Die haben sie nicht einmal zurückgegeben. Die sind einfach nicht aufgetaucht. Das war wirklich abgefahren. Da hatten wir so die ersten wirklich schönen Möglichkeiten, uns dem Publikum zu zeigen und dann wurde plötzlich alles abgesagt. Wir dachten, dass es in ein paar Monaten weitergeht. Aus den paar Monaten wurden gefühlt zwei Jahre. Aber hey.
Ich habe die Zeit genutzt, um viel zu schreiben. Not macht ja auch erfinderisch. Ich habe angefangen, mit vielen anderen Writer*innen zu arbeiten. Weltweit. Die eine saß in Los Angeles, der andere in England und ich in Berlin. Über Skype, Zoom und sonstiges hat man dann einfach Songs geschrieben. Das ging dann auch. Für mich ist ja immer nach dem Album gleich auch vor dem Album und da habe ich direkt danach angefangen, für mein neues Album zuschreiben. Irgendwie ganz cool, weil man nicht abgelenkt wurde und Zeit hatte. Es war aber auch abgefahren. Wir leben ja von dieser Energie auf der Bühne. Das war wirklich schwer. Das habe ich echt vermisst und mich auch extrem geärgert.
Das ist wohl wahr. Aber wie gesagt. Ich versuche, aus allem das Beste herauszuholen. Am Ende hat man ein Album ja nicht nur ein Jahr, sondern für immer.
Voll. Und so doof das klingt, es geht ja auch vielen da draußen, die auf Konzerte gehen wollten, so – man versteht auf einmal, dass Kultur und Musik nicht so selbstverständlich sind. Man wertschätzt solche Sachen wie Konzerte viel mehr. Nicht nur ich als Artist, sondern auch das Publikum. Und wenn ich so überlege: Mein Album kam 2020 raus, die Tour dazu zwei Jahre später. Aber es war super. Ich möchte es nicht missen.
Im Nachhinein war alles ein bisschen viel. Das Album kam im August raus, die Promo dafür drumherum, dann habe ich in Münster bei den Kinderklinikkonzerten noch gespielt. Ich glaube, dass ich mir da irgendwas eingefangen habe. Auf jeden Fall hat es mich so richtig zerlegt. Ich konnte nicht mehr singen. Bei den Proben habe ich irgendwann – sorry – zu den Jungs einfach nur gesagt: Fuck! So leid es mir tut, ich packe das gerade körperlich nicht. Das war so ein Moment in dem ich realisiert habe, dass ich jetzt einfach auf den Körper hören muss. Es ging nicht anders. Ich fand es so geil, wie die Fans reagiert haben. So nach dem Motto „Egal, dann halt nächstes Jahr.“ Wir haben dann Vollgas gegeben, neue Termine zu kriegen. Umso mehr freue ich mich jetzt auf September.
Man muss dazu ja sagen, dass die ESC-Phase so mein Start war. Da wurde ich als Autorin und Künstlerin, aber vor allem als Songwriterin, wahrgenommen. Das hat mir, wie es so ist, so viele Türen geöffnet. Wir haben europaweit, sogar in Afrika, gespielt, haben zwei Megaalben veröffentlicht. Es war eine sehr schnelle Zeit und es war wirklich viel. Wir haben für uns entschieden, dann erst einmal eine Pause zu machen. Wir haben damals Musik gemacht, weil wir Musik machen wollten, nicht weil uns irgendeine Plattenfirma im Nacken saß. Wir sind Musikerinnen aus tiefstem Herzen, die Mädels sind ja auch studiert mit Kontrabass und Akkordeon klassisch ausgebildet. In der Zeit habe ich so viele Leute kennengelernt. Plötzlich entwickelt sich ein immer größeres Netzwerk, ich habe immer mehr geschrieben und produziert. Als Frau ist das ja eh schon besonders, wenn man endlich einmal gehört wird.
Bei uns in der Industrie ist das ja auch nicht selbstverständlich, wenn ich das mal so für mich betrachte. Da ist ein Songwriting-Camp mit 20 kreativen Leuten und du schreibst Songs. 16 davon sind Männer. Höchstens vier Frauen.
Das will ich jetzt gar nicht in Frage stellen oder bewerten. Aber an der Verteilung könnten wir noch ein bisschen arbeiten. Ich habe mich echt geehrt gefühlt. Was ich alles sehen durfte, machen durfte, schreiben durfte. Dadurch habe ich dann auch wieder so einen Hunger entwickelt, selbst auf der Bühne zu stehen. Die Phase kam dann auch, in der ich mehr und mehr auf Deutsch geschrieben habe. Das hätte ich mich früher nie getraut. Niemals. Weil es so eine klare Sprache ist, du verstehst erst, bevor du auf Melodie und sonstiges hörst. Das war für mich eine spannende Herausforderung. Aber je mehr ich auf Deutsch geschrieben habe, desto mehr habe ich festgestellt, dass das eigentlich ganz cool ist. Es ist einfach auch die ehrlichste Form.
Nein, ich bin in Smila in der Ukraine, gute drei Stunden von Kiew entfernt, geboren und aufgewachsen. Mit sieben ist mein Papa gestorben. Meine Mama ist Polin. Daher bin ich mit der Mama nach Polen zur Familie gezogen. Und dann hat sie meinen Stiefpapa kennengelernt. Ein Saarländer. Mittlerweile ist der für mich wie ein echter Papa. Mit siebeneinhalb ging es dann also ins Saarland.
Das würde ich so gar nicht sagen. Aller Anfang war schwer. Das kommst du in eine Grundschule und alle so: Wer ist das und was will die denn? Ich war schon Außenseiterin. Und die Ausländerin. Da habe ich das kennengelernt. Schulranzen sind da schon mal im Mülleimer gelandet. Kinder können echt manchmal hart sein. Ich bin dann auch zu meiner Mum gerannt und habe gesagt, dass ich nie mehr in die Schule will und zurück. Sie hat dann nur gemeint, dass ich auf mich vertrauen soll und das schon wird. Mein Papa auch. Dann hat mich die Lehrerin in den Chor gesteckt, da sie gemerkt hat, dass ich singen kann. Mit der Musik fing für mich dann in Deutschland die Integration an. Ich war zwar immer noch der Paradiesvogel, aber man hatte für mich eine Schublade. Ich war dankbar, die Musik zu haben. Ich habe dann angefangen, erste Lieder zu schreiben. Das hat mir auch geholfen, die ganzen Dinge zu verarbeiten.
Ja. Und das ist mir auch wichtig, dass das ehrliche Geschichten sind. Eben aus meinem Leben. Auch wenn ich für andere schreibe. Da gibt es ja immer Briefings. Ist alles cool, ich verstehe es, aber ich versuche immer persönlich mit den Leuten zu reden oder zusammen ins Studio zu gehen. Je persönlicher, desto besser.
(grinsend) Sie ist seit Beginn schon eine Supporterin von mir. Die deutschen Sachen hatte ich anfangs noch selbst veröffentlicht. Mein Glück war, dass Spotify mich in seine Playlisten gepackt hat, was ja auch nicht selbstverständlich ist. Eine Fan von Sarah hat ihr einen Song von mir zugespielt. Und sie hat reingehört und gepostet. „Keine Ahnung, wer das ist, aber so eine krasse Stimme. Hört doch mal rein.“ Und danach haben wir dann angefangen, immer öfter zu schreiben, wie das halt so ist. Dann kam die Einladung, sie auf Tour zu supporten. Da haben wir uns wirklich erst so richtig persönlich kennengelernt. Da ist dann so eine kleine Freundschaft entstanden. Sie ist ja nicht nur eine Frau, die richtig krass singt. Sie ist eine echte Powerfrau, die eine tolle Mama ist, die alles unter einen Hut bringt. Und live: Boah. Die steht auf der Bühne und du denkst dir nur: Uuuuuh. Das finde ich total schön. Während Corona hatte ich dann mehr Zeit, habe ihr geschrieben, dass ich gerade am neuen Album dran bin und gefragt, ob wir nicht mal was miteinander machen sollten. Ja klar, komm vorbei, kam da nur so. Und ich habe mir gedacht: Wow, cool! Dann saßen wir bei ihr im Wohnzimmer und haben den Song geschrieben. Das war sehr schön. Eine tolle Frau, der es auch wichtig ist, andere junge Frauen in der Industrie zu supporten.
Helene (lacht). Sie ist eine tolle Künstlerin. Sie lässt es sich auch nicht nehmen, ihre Songs selbst mitzuschreiben. Ich glaube, dieser Punkt Frauen in der Musikindustrie, da geht es nicht nur um Frauen auf der Bühne. Wenn ich das mal betrachte. Du sitzt mit Musikern zusammen. Der ganze Background, die Führungskräfte: Du bist von Männern umgeben. Da gibt es echt noch viel zu tun. Auch Produzentinnen. Die sind da. Nur brauchen die die Plattform, um gesehen zu werden. Plattenfirmen schieben sich die Jobs dann zu – und das sind immer noch Männer. Wann hast du mal ein Bild gesehen von einer Frau am Mischpult? Es ist eigentlich immer der Mann. Uns geht es darum, diese Bilder aufzubrechen. Und das wird immer mehr. Man sieht das auch an der ganzen Bewegung. An der Popakademie hast du immer mehr Mädels, dich sich zu produzieren trauen. Auch dieses TikTok-Game. Man kann da drüber streiten, ob man es mag oder nicht. Aber wie cool ist das: Junge Mädels kriegen geteilt, dass hier eine Produzentin ist, die toll ist. Das sind Vorbilder. Wenn ich zurückdenke. Bei uns gab es wenige Vorbilder.
Das glaube ich auch! Step by Step. Ich sehe ja die Entwicklung und das freut mich total, dass es immer mehr junge Frauen gibt, die sich trauen, Songs zu schreiben oder zu produzieren. Die Möglichkeiten sind da. Man muss sich einfach nur trauen.
Ja! Schlagzeuger, Gitarrist, ich am Keyboard. Ich habe im E-Werk schon einmal gespielt. Das war total cool und ich habe den Club so ins Herz geschlossen, dass ich gesagt habe, da auch auf Tour spielen zu wollen. Das ist hier alles so nett und herzlich. Ich freue mich wirklich sehr, auch neue Songs mit den Leuten zu teilen, live zu spielen. Mir ist auch wichtig, dass es am Ende eine gute Achterbahn der Gefühle ist. Das man Spaß hat, das man tanzen kann, aber auch viele persönliche und emotionale Momente hat. Mir ist auch wichtig, die Leute kennenzulernen, die zu den Konzerten kommen, solange es noch geht. Nach den Konzerten bin ich auch immer noch beim Merch, mache Fotos und schnacke noch ein bisschen. Es wird richtig cool! Die Tour wird richtig, richtig, cool! Wir haben Spaß auf der Bühne.
Ich mich auch! Ich hoffe, dass man dich dort auch trifft.