„Als schillernde Figur, Enfant terrible des Kunst-Zwists, unbändiger Lehrmeister der Streitkultur und erfolgreicher Entsager kapitalistischer Reizmuster war er eine Institution. Den Finger stets am Abzug seiner erweiterten Pupillen, stets auf der Lauer nach dem richtigen Moment, die kuriose Situation, das Außergewöhnliche, das zu fokussieren und zu dokumentieren liebte er. Das konsequente Ausleben seiner Neugier und fotografische Verwerten seiner Beobachtungsgabe, das einherging mit der deutlichen Auflage, dass schön ist, was gefällt und wovon der Fotograf dachte, dass es auch anderen gefallen oder vielmehr auffallen müsste und sollte.“
So treffend begann unser Herausgeber Oliver Will seinen Nachruf auf den kürzlich verstorbenen Bamberger Fotografen Werner Kohn und ganz in diesem Sinne hat Kohn sicherlich auch die Kamera auf die Objekte und Menschen gerichtet, die er für seinen im Jahr 2021 im Bamberger Erich Weiß Verlag erschienen Bildband „Menschen im Jemen“ portraitiert hat. Neugierig, das Wesentliche sofort erfassend und auch abbildend. Dabei sind Bilder entstanden, denen eine Klarheit und Schönheit innewohnt, wie man sie bei abgebildeten Motiven aus sogenannten „instabilen Ländern“ selten sieht. Fast wirken die Aufnahmen wie nachkoloriert, fast allen gleich ist ein eigentümlicher Glanz, dessen Ursprung sich erst auf den zweiten Blick zeigt. Es sind die Motive, um nicht zu sagen die gezeigten Menschen, die diesen Effekt auslösen. Kohn ist es mit seiner Kamera gelungen Menschen und Situationen einzufangen, die trotz aller Armut und Instabilität scheinbar den Mut zu Leben nicht verloren haben. Bilder eines Landes, das auf uns so fremd und trotzdem unwiderstehlich anziehend wirkt.
Ausgestattet mit einem Vorwort des in Bamberg lebenden Schriftstellers Nevel Cumart, der uns mit seinem Text die politische und wirtschaftliche Situation des Landes und damit den Kontext, in dem man diese Bilder betrachten sollte, liefert, ist dieser Bildband eine unbedingte Kaufempfehlung.
Werner Kohn: Menschen im Jemen, Erich Weiß Verlag, Bamberg, 2021, 136 Seiten, 35 Euro, ISBN: 978-3-940821-82-9