
Gut zwei Drittel des Nürnberger Strandkorbfestivals sind absolviert. Zeit eine Zwischenbilanz zu ziehen. Eine Zwischenbilanz, die Lust auf mehr macht. Die allerdings auch Fragen offen lässt, wie es danach weitergehen kann. Noch steht das absolut in den Sternen, wie Mitveranstalter Peter Harasim, einer der Geschäftsführer des veranstaltenden Concertbüro Franken, wissen lässt.
Es war eines der Reizworte des Kultursommers. Strandkorb. Helge Schneider brach seinen ersten Auftritt nach wenigen Minuten ab, sagte die folgenden Termine ersatzlos ab. Das Konzept, wonach bestellte Getränke direkt an die Strandkörbe geliefert werden, um Kontakte fremder Personen zu vermeiden, ließ ihn verzweifeln. Und natürlich Nena. Die setzte sich über entscheidende Vertragsdetails hinweg, forderte die Leute auf, zur Bühne nach vorne zu kommen und die geltenden Beschränkungen zu missachten. Das Konzert wurde schließlich abgebrochen. Einen Abbruch gab es auch in Nürnberg. Rae Garvey musste nach einer Stunde die Bühne verlassen. Eine Unwetterwarnung erreichte den Valznerweiher – weiterspielen unmöglich. Die Leute nahmen es gefasst auf. Schließlich blitzte und donnerte es wenige Minuten später aus allen Rohren, die Sicherheit wäre (von dem Starkregen abgesehen) nicht mehr ansatzweise gewährleistet gewesen. Das war es aber auch schon mit Negativnachrichten vom Nürnberger Dutzendteich.
„Wir sind ganz zufrieden“, so Peter Harasim vom Concertbüro Franken, „es läuft richtig gut!“ Das sehen auch die Künstler so. Johannes Oerding, der die Bühne an gleich zwei Tagen bespielte, präsentierte sich von seiner allerbesten Seite und lobte die Veranstalter der Strandkorbfestivals über den grünen Klee. Doch nicht nur er. Ob rockende Probanten wie die Mittelalter-Kombo In Extremo, Dauerbrennerin Doro Pesch oder die Speichersdorfer Band Hämatom (im Akustikgewand unterwegs) oder auch Kabarettisten wie Michael Mittermeier und der blendend aufgelegte Olaf Schubert und Popgrößen aller Coleur (Fury in the Slaughterhouse, Wincent Weiss) – bei kaum einem Auftritt konnten die Besucher klagen.
Harasim, selbst Frontmann der Band Ramrods und mit denen im Vorprogramm von Fury in the slaughterhouse auf der Bühne, findet dafür eine leichte Erklärung: „Da hast da oben richtig Power gespürt“, sagt er über die 5,20 Meter hohe Bühne, „du kannst da richtig Energie aus dem Publikum aussaugen. Das hat richtig Spaß gemacht!“ Eine Einstellung, die viele Künstler teilen. Und die abfärbt auf die Zuhörer. Die sitzen gemütlich in ihren Strandkörben (meistens tanzen sie davor), genießen einen ruhiger als gewohnten Konzertabend und dürften überzeugt davon sein, dass das Erlebte nachwirken wird. Denn – und auch da sind sich alle einig: Irgendwann wird die Normalität wieder einkehren und die Strandkorbfestivals werden „nur“ noch Bestandteil normaler Konzertsommer sein. In Nürnberg stehen noch einige Termine an (siehe unten), ehe die Zeit der Ungewissheit ruft.
Peter Harasim ist bei aller momentaner Euphorie noch skeptisch. „Wir wüssten als Veranstalter schon gerne, was im September und im Oktober ist“, sagt er. Zehnmal wird die monströs anmutende Bühne noch bespielt, ehe Mono Inc. (beim Area 53-Festival in Leoben kürzlich vielumjubelt unterwegs) und Gentleman die Reihe am 27. und 28. August beschließen und damit den Konzertherbst einläuten. Noch ist absolut nicht absehbar, ob (und in welchem Umfang) dann weiterhin Konzerte stattfinden können. Harasims Hoffnung gilt der Entwicklung in Baden-Württemberg. Dort ist ab 16. August in der Clublandschaft wieder Normalität angesagt. Wer genesen, geimpft oder getestet ist, der darf ohne Einschränkungen wieder in die dortigen Clubs. „Ich hoffe, dass sich das auch bei uns in Bayern durchsetzt“, so der trotz aller Ungewissheit weiterhin gut gelaunte Veranstalter. Er, der aus seiner Skepsis gegenüber Corona- und Klimaleugnern noch nie ein Geheimnis machte, hätte mit der 3G-Regelung überhaupt kein Problem. Viele der Künstler ebenso wenig. Gerhard Polt, einer der ältesten Weggefährten Harasims, lobte ihn und seine Kollegen erst vor wenigen Tagen bei einem gemeinsamen Gig in Roth. „Für mich ist es eine Möglichkeit, Veranstalter zu unterstützen“, so Polt. Und Michi Rhein, Frontmann von In Extremo schrieb allen Skeptikern ins Stammbuch: „Die Wichser, die hier alles kritisieren. Die sollen sich etwas einfallen lassen und es besser machen!“
Wer Lust hat, sich von dem ganz eigenen Flair des Strandkorbfestivals zu überzeugen, der kann das in Nürnberg noch an folgenden Terminen tun: