
Begonnen als Big Band für Tom Tykwers Babylon Berlin, sozusagen in die Fernsehkulisse auf Verdacht hineingeschrieben, emanzipiert sich das stilvolle Orchester nun mit seinem zweiten Album Telegramm und formiert mehr Eigenständigkeit und Bandbreite. Das Ensemble, bestehend aus einer Reihung von Jazzcats deutschlandweit, zeigt auf Telegramm sehr deutlich seinen eigenen Ductus und verändert den Klangkörper in spürbar neue Richtungen. Setzt mit verschiedenen Gesangssolisten jede Menge kleine Sahnehäubchen auf und Vielfalt um. Clemens Rehbein, Friedrich Lichtenstein und wie beim ersten Album Severija sind zu hören. Ebenso Karsten Troyke und Mario Kamien. Dazu kommen Instrumentals mit denkwürdigen Titeln wie „Sohn“ oder „Eilmeldung“, facettenreich und bisweilen unerwartet. Swing und Jazz stecken darin, eine Menge davon, deutlich bedachter arrangiert und im Vergleich zum Erstlingswerk mit deutlich weniger Pomp. Kurioses und schrilles nur mit Dämpfer, dafür eingängige Melodien und erstklassige Soli, auch vom Schlagwerk. Die Roaring Twenties bekommen die Hand vorgehalten, dafür werden Qualitäten aus anderen musikalischen Ecken umgesetzt. Am Ende ist es das gleiche Ensemble, möglichweise sogar mehr bei sich selbst, dafür weniger im gewohnt verführerischen Rahmen eines Berlins, das zurecht Babylon genannt würde.