Botschaften – mit manchen rechnet man, andere kommen aus heiterem Himmel. Ob die Hiobsbotschaft, dass die Blaue Nacht ab 2024 aufgrund der Sparmaßnahmen im Nürnberger Haushalt nur noch biennal stattfinden wird, erwartbar war oder überraschend kam? Das Motto der diesjährigen Ausgabe des beliebten Kulturevents stand jedenfalls schon vor den Novemberbeschlüssen fest. Und es ist ein besonders spannendes. Denn die Frage nach der Botschaft ist Dreh- und Angelpunkt jeden Kunstschaffens und seiner Rezeption. Gerade weil in der Kunst oft indirekt kommuniziert wird, Fremdes erst dechiffriert, Zugespitztes heruntergebrochen und Rätselhaftes enträtselt werden muss, schält sich eine Aussage erst langsam heraus und es braucht Zeit und Offenheit, sich ihr zu nähern. Am 6. Mai von 19 bis 24 Uhr werden solche Kunst-Botschaften auf verschiedenste Art und Weise aufscheinen. Über 60 Kulturplayer darunter Museen, Theater und Galerien sind am Programm der langen Nacht beteiligt, bespielen Häuser, Höfe und Plätze der Stadt. Das Publikum ist eingeladen in Kommunikation zu treten und zu staunen.
Im Zentrum steht wie in jedem Jahr die Burgprojektion, die 2023 unter dem Titel „Beneath the surface“ vom etablierten Graffitikünstler Hombre Suk realisiert wird. Pablo Fontaigner, so der bürgerliche Name des Grafikdesigners und Illustrators, lebt seit über zehn Jahren als in Nürnberg. Mit seiner Arbeit tritt er für eine positivere Wahrnehmung der Kunstform des Graffitis ein, das noch immer von vielen als inhaltsleere Schmiererei abgewertet wird.
Auch der Nürnberger Hauptmarkt wird wie in den letzten Jahren wieder Schauplatz einer spektakulären Multimedia-Installation. „Transformation XYZ“ setzt sich aus digitalen Zeichnungen, analogen Gebilden aus Schiffstauen und Gerüsten sowie aus zwei sich gegenüberstehenden Lautsprechern zusammen. Maler, Lichtdesigner und Bildhauer Stefan Reiss erforscht in dieser Installation gemeinsam mit Soundkünstler Steffen Krebber die körperliche Erfahrbarkeit von realem und virtuellem Raum, von Räumlichkeit an sich.
Als drittes wesentliches Element findet auch 2023 wieder der internationalen Kunstwettbewerb statt. An verschiedenen Orten der Stadt haben zwölf Künstler:innen/Kollektive aus der Region und anderen Ländern Europas in unterschiedlichsten Medien, Formen und Materialien zum Thema „Botschaften“ gearbeitet. Welches Werk am Ende den Sieg davonträgt, entscheidet wie immer das Publikum. Vielleicht ist es die Laser-Installation „Cloud of Hope“ von den Künstler:innen super future collective, Dominik Schöll und keingarten aus Nürnberg – eine gigantische rosafarbene Wolke, die sich über dem Rathaus-Innenhof auftürmen und dann wieder in Luft auflösen wird? Oder die Live-Cinema-Performance „Ghost in the Wall“ der spanisch-deutschen Künstlerin Karla Kracht in der Hadermühle 9-15 bei Schmitt+Sohn Aufzüge, in der das Publikum mit Hilfe kleiner Miniatur-Objekte in eine Welt von gespenstisch-traumhaften Zuständen versetzt wird? Oder aber das französische Künstlerduo Garnier/Engelaere, das in „atmen“ im Tratzenzwinger dazu einlädt, in eine Licht-und Soundinstallation aus hunderten von bewegten Leuchtbändern und Naturgeräuschen einzutauchen und so die Fragilität der Welt am Rande des Klima-Kollaps spürbar werden lässt? Die Wettbewerbsbeiträge können wie immer bereits am Tag vor der Blauen Nacht, am 5. Mai zwischen 20 und 24 Uhr besichtigt und bewertet werden. Der begehrte Publikumspreis ist mit 5000 Euro dotiert und wird auch in diesem Jahr von der N-Ergie gestiftet. Neu im Angebot sind die sogenannten „Art Walks“. Die Expert:innen-Führungen bieten einen tieferen Einblick in die Werke der am Wettbewerb beteiligten Kunstschaffenden. Sie können zum regulären Ticket hinzugebucht werden.
Wer sich einfach durch die Nacht treiben lassen möchte, ist wie immer eingeladen, durch die blau erleuchteten Straßen der Altstadt zu flanieren und an den angestrahlten Kunstorten zu verweilen – Zugang hier allerdings nur mit Ticket, das ab sofort an allen bekannten Verkaufsstellen erworben werden kann. Hartgesottene Fans können wie jedes Jahr mit einem blinkenden Anstecker Teil des Lichtspektakels werden und ihre persönliche Kollektion um ein 22. „Blinky“ erweitern.
Es wird viel geboten sein bei der 22. Langen Nacht der Kunst und Kultur, in diesem Jahr für junges Publikum an manchen Veranstaltungsorten erstmals auch schon ab 17 Uhr. 2024 darf man sich dann noch mal auf eine reguläre 23. Blaue Nacht freuen. Ob es anschließend bei der harschen Sparentscheidung bleibt oder doch noch einmal alles ganz anders kommt? Das steht in den Sternen. Und deshalb könnte es sich durchaus lohnen, auf dem Spaziergang durch die Nacht am 6. Mai auch im Deutschen Museum Nürnberg vorbeizuschauen. Unter der Headline „Himmlische Botschaften“ können Interessierte hier nämlich in verschiedenen Mitmachexperimenten lernen, sphärische Botschaften aus dem All zu entschlüsseln oder sich vom Segensroboter Bless-U in fünf verschieden Sprachen segnen lassen. Dann kann nichts mehr schiefgehen.
Weitere Infos finden Sie unter https://www.nuernberg.de/internet/dieblauenacht/