Goethe, Schiller, Liszt und der Beginn der Bauhaus-Bewegung – Weimar war schon immer ein zentraler Kulturort in Deutschland. Und viel mehr als das auch noch der Ort, an dem sich bildende Kunst, Literatur, Musik und Wissenschaft begegnen konnten. Dies war einst, in der Blütezeit der Stadt Herrschenden wie Herzogin Anna Amalia und ihrem Sohn Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach zu verdanken. Doch die bekannte Stadt im Herzen Thüringens hat sich ihren Status als zentraler, kultureller Inkubator ein Stück weit bewahrt. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistet das jährlich stattfindende Kunstfest Weimar. 1990 ins Leben gerufen, war es eine erste Initiative deutsch-deutscher Kooperation auf kulturellem Gebiet. War das Kunstfest anfangs noch der Tradition verpflichtet und mit direktem Bezug zu den literarischen und musikalischen Größen der Stadt angelegt, ist es heute ein konsequent spartenübergreifendes Kunstfestival für Theater und Musiktheater, Tanz, Performance und Installation, bildende Kunst, Film, Video und Konzerte von nationaler und internationaler Strahlkraft.
2023 versammelt das Kunstfest unter dem Motto „Erinnern schafft Zukunft“ wieder Künstlerinnen und Künstler aus verschiedenen Regionen der Welt, die vom 23. August bis 10. September Impulse geben und sich zu drängenden Fragen der Zeit positionieren. In dieser Festivalausgabe dürfen sich die Besuchenden so unter anderem auf eine deutsche Erstaufführung des Altmeisters und Theatererneuerers Robert Wilson freuen, der seine Bearbeitung von Alfred Jarrys Antikriegsfarce „Ubu“ zeigen wird – Kontext selbsterklärend. Amir Reza Koohestani und Mahin Sadri reflektieren in „Dantons Tod reloaded“ (Thalia Theater Hamburg) die scheiternde Widerstandsbewegung der Frauen im Iran vor der historischen Folie von Büchners berühmtem Werk über die Französische Revolution und das Libretto von Thomas Köck, einem der beachtenswertesten zeitgenössischen Dramatiker, das die Grundlage für Johannes Maria Stauds Opernaufführung „Missing in cantu“ liefert, spannt den historischen Bogen in die Zeit der Konquistadoren und die Anfänge des kapitalistischen Systems. Neben den aus der Geschichte gewonnenen Zeitdiagnosen, schaffen Beiträge wie das Autor:innen- Leseprojekt „Wir sind Möglichkeiten“ auf der Agoroa/Theaterplatz aktive Zukunftsperspektiven zum Umgang mit Ausgrenzung und das Gedächtnis-Konzert-Buchenwald, immer zentrales Moment des Festivals, rückt die Frage, wie bildende Kunst und Literatur einer heute neu auflodernden Gewaltbereitschaft entgegentreten können ins Zentrum des Kunstfestes. Doch das sind nur einige Meilensteine im Mammutprogramm des Festivals, mit dem eine Auseinandersetzung mehr als lohnt: kunstfest-weimar.de