Neuerdings sollte man beim Sprechen auf der Hut sein, wenn es um die letzte Silbe eines Wortes geht, auch Endung oder Suffix genannt. Empfindsame Seelen hören nämlich aus manchen Endsilben Bedeutungen heraus, auf die noch nicht jeder und jede gekommen ist. Schon seit längerem ist es ratsam, nicht wie früher Tschechei zu sagen, obwohl das ja nur die Kontraktion von Tschechoslowakei war. Heute wird das hässlichere Tschechien bevorzugt, aber die Gründe dafür sind nicht von der Hand zu weisen, denn die „ei“-Endung klingt ein wenig nach Protektorat, man könnte auch sagen: Sie verströmt noch den Geruch des Kolonialismus. Die „Vorbilder“ für die mit diesem Suffix verbundenen negativen Assoziationen liegen vor allem im südlichen Afrika, wo von der Transkei, der Ciskei und anderen so genannten Homelands die Rede ist. Wer in unseren Breiten von der hintersten Ecke Europas reden will, greift gerne zur Walachei, obwohl sich diese ebenso schöne wie unschuldige Gegend ihrer östlichen Abgelegenheit gewiss nicht schämt. Die Mandschurei hingegen – um auch einen Abstecher nach Asien zu machen – scheint begrifflich wertfrei zu sein.
Unser nächster Endungskandidat ist nicht zuletzt aus aktuellen politischen Gründen mit Vorsicht zu genießen, es geht um „-ant“. Wir alle kennen Simulanten und mögen sie nicht, das ist schon mal klar. Auch ein Informant scheint nicht immer vertrauenserweckend zu sein, denn er tut möglicherweise etwas, was nicht ganz koscher ist. Klingt irgendwie nach Spion oder Geheimdienst. Womit wir beim „Asylanten“ angelangt wären, der aus gutem Grund aus dem Vokabular verbannt wurde, denn der Suffix dieses Begriffes insinuiert, dass es jemand „darauf anlegt“, den Asylstatus zu erlangen. Das mag häufig so sein, aber von Asylbewerbern zu reden ist da zweifelsohne die bessere, weil neutralere Wahl. Den Elephant und den Ottifant lassen wir hier mal weg…
Doch nun zu „-ing“. Dieser eigentlich so harmlose Suffix ist seit der Invasion der Flüchtlinge in Verruf geraten. Nein, im Ernst, natürlich hat diese Endung eine gewisse Vorgeschichte, denn Worte wie Rohling, Lüstling, Hänfling, Schwächling oder Schreiberling sind negativ besetzt. Der Sperling kann zwar nichts dafür, ebenso wenig der Schützling oder gar der Liebling. Da ist die Entscheidung für den neutralen Begriff „Geflüchtete“ vernünftig, denn auch die Wahl des Partizip Präsens („Flüchtende“) wäre missverständlich. Wer flüchtet schon ständig? Was lernen wir aus dieser kurzen Beispielserie? Harmlos klingende Endungen besitzen oft mehr Bedeutungspotenzial als sich vermuten lässt. Also aufgepasst, wenn’s beim Sprechen auf die Endung zugeht.