Wer in seinem Kalender noch ein Plätzchen frei hat, der sollte in diesem Sommer oder Herbst unbedingt noch einen Abstecher in die thüringsche Landeshauptstadt Erfurt machen. Und dies ausnahmsweise einmal nicht wegen der tollen Altstadt, dem Domplatz oder der Krämerbrücke, sondern weil es zeitgleich zwei Ausstellungen im Angermuseum und in der Kunsthalle gibt, die wir Ihnen gerne ans Herz legen möchten.
„In meiner Malerei gibt es keinen wirklich totalen Bruch mit der sogenannten Wirklichkeit. Ich bringe meine Phantasiewelt über Schleichwege ein, aber frei erfundene Gebilde behalten einen wahren Realitätsanspruch. Sie könnten existieren oder sie werden vielleicht einmal existieren."
Arik Brauer
Noch bis zum 6. Oktober 2019 läuft im Angermuseum die Ausstellung „Farbharmonie als Ziel. Adolf Hölzel auf dem Weg zum Ungegenständlichen“. Der Künstler Adolf Hölzel (1853-1934) zählt zu den frühen Wegbereitern der Malerei der Moderne. Mit über 100 Exponaten, darunter 28 erstmalig präsentierten Werken, bietet die Ausstellung einen Einblick in die faszinierende künstlerische Vielfalt seines Œuvres. Vom Realismus und Impressionismus der frühen, im Umkreis der Künstlerkolonie Dachau entstandenen Bilder entwickelte Hölzel seine Kunst stetig weiter bis hin zu den farbkräftigen abstrakten Kompositionen seines Spätwerks, auf denen ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt. Hölzels Schaffen ist von einer beständigen Lust am experimentellen Erweitern der künstlerischen Mittel und der sensiblen Reflexion über die Gesetzmäßigkeiten bildnerischen Schaffens geprägt. So erkannte er als einer der ersten Künstler das Unbewusste als Potenzial für die bildende Kunst und entwickelte lange vor den Surrealisten ab 1898 eine eigene Form des automatischen, gegenstandslosen Zeichnens. Als Pionier der Abstraktion wurde Adolf Hölzel zu einem der einflussreichsten Lehrer seiner Zeit. Zu seinen Schülern an der Stuttgarter Kunstakademie gehörten unter anderen Oskar Schlemmer, Ida Kerkovius, Johannes Itten und Willi Baumeister. Nach dem Ende seines akademischen Lehrberufs konzentrierte sich Hölzel auf das Pastell und steigerte mit diesem Medium die Farbigkeit seiner abstrakten Kompositionen zu intensiver Leuchtkraft und Lebendigkeit. Die vom Museum Georg Schäfer in Schweinfurt übernommene Ausstellung folgt den einzelnen Entwicklungsschritten von Adolf Hölzels Schaffen und macht das erstaunlich weite Spektrum seines Werks sichtbar. Neben Ölbildern, Pastellen, Tuschzeichnungen und Collagen werden auch ausgewählte Glasfenster sowie zahlreiche Originaldokumente präsentiert.
Die Ausstellung, die in Kooperation mit dem Museum Georg Schäfer in Schweinfurt gezeigt wird, kann man noch bis zum 6. Oktober von Dienstag bis Sonntag, jeweils von 10 bis 18 Uhr, besuchen. Ein umfangreiches Begleitprogramm, zu dem unter anderen Vorträge, Kuratorenführungen oder auch Kunstworkshops für Kinder und Jugendliche gehören, runden dieses Angebot ab. Alle wichtigen Informationen hierzu findet man online unter www.angermuseum.de.
Nicht weniger spannend dürfte die Ausstellung „Arik Brauer. Fantastisch-Realistisch. Ein Lebenswerk“ sein, die bis zum 27. Oktober in der Kunsthalle Erfurt gezeigt wird.
Im Januar 2019 feierte der österreichische Künstler Arik Brauer seinen 90. Geburtstag. Anlass, in einer umfassenden Ausstellung auf das besondere bildnerische Werk dieses Künstlers hinzuweisen. Die Kunsthalle Erfurt widmet - im Rahmen der ACHAVA Festspiele 2019 – seinem Lebenswerk eine umfangreiche Ausstellung mit etwa 100 Gemälden, Aquarellen, Graphik und Zeichnungen aus verschiedenen Jahrzehnten des Schaffens aus dem Arik-Brauer-Museum in Wien. Es ist die einzige Ausstellung in Deutschland zum Werk von Arik Brauer in diesem Jahr. Die Ausstellung stellt mit Arik Brauer einen Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus vor. Aber auch einen Künstler, Musiker, Autor, der in seinem Werk die jüdisch-biblischen Wurzeln seiner Familie ebenso verarbeitet wie Themen und Geschichten der muslimischen Welt, der in seinem Gesamtwerk stets für interkulturelle Verständigung und die Menschenrechte eingetreten ist. Dieses Engagement nicht nur als Künstler, sondern auch als kultureller Brückenbauer, soll hervorgehoben werden. Arik Brauer ist ein Wiener Künstler mit jüdischen Wurzeln, der als Kind der Verfolgung durch die Nationalsozialisten nur knapp entging. Er studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und Gesang an der Musikschule der Stadt Wien. Gemeinsam mit Ernst Fuchs, Rudolf Hausner, Wolfgang Hutter und Anton Lehmden begründete er die Wiener Schule des Phantastischen Realismus, als deren einer der Hauptvertreter er seit 1960 gilt. Er lebt in Wien und bei Haifa.