Theater-Wirklichkeiten in Bamberg
Müntefering und Minkmar bei den 25. Bamberger Hegelwochen
veröffentlicht am 03.06.2014 | Lesezeit: ca. 4 Min.
Der Frage, wie sich die Welt inszeniert, gilt in diesem Jahr das Augenmerk der Bamberger Hegelwochen. Vom heutigen Dienstag an spüren an drei Abenden Medienwissenschaftler und Journalisten, Philosophen und Germanisten, ein Bundesminister a. D. sowie ein Schriftsteller und Dramaturg „Theater-Wirklichkeiten“ nach. Die Bühne hierfür findet sich dem Thema gemäß zunächst im Großen Haus des E. T. A. Hoffmann Theaters. An den beiden Folgetagen zieht man – die Richtung gibt der Namensträger vor – um in den Hegelsaal der Konzert- und Kongresshalle. Beleuchtet werden das Allerwelts-, das Staats- und das Medientheater. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 19.15 Uhr.
Zum heutigen Auftakt folgt auf die Begrüßung durch Godehard Ruppert, den Präsidenten der Otto-Friedrich-Universität, ein Prolog (keinesfalls im faustischen Himmel) mit Christian Illies, der seit 2008 in Bamberg den Lehrstuhl für praktische Philosophie innehat, und dem Germanisten Friedhelm Marx, der in diesem Sommersemester gemeinsam mit Illies das Hauptseminar „Welt-Theater“ anbietet. „Wie unsere Gegenwart auf die Bühne kommt“ untersucht hernach John von Düffel. Von Düffel war 2008 Inhaber der Bamberger Poetikprofessur, ist mit Romanen (etwa „Vom Wasser“, 2008), Theaterstücken (zuletzt „Kirschgarten – Die Rückkehr“, uraufgeführt in diesem Februar am Hans Otto Theater Potsdam), Übersetzungen und Hörspielen hervorgetreten. Derzeit ist er Dramaturg des Deutschen Theaters in Berlin.
„Wie Politiker sich inszenieren“ soll am Mittwochabend im Gespräch zwischen Franz Müntefering und Nils Minkmar deutlich werden. Müntefering war unter anderem Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, SPD-Bundesvorsitzender, Vizekanzler und Bundesminister für Arbeit und Soziales. Seit 2013 ist er ehrenamtlich Präsident des Arbeiter-Samariter-Bundes Deutschland. Minkmar kennt man als Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Kulturredakteur des Jahres 2012 arbeitet als Historiker, Journalist und Publizist.
Zum Abschluss am Donnerstag widmen sich die Hegelwochen dem omnipräsenten Medientheater. „Wie wir uns in den Social Media zur Schau stellen“, wollen Theresia Enzensberger, Bernhard Pörksen, Illies und Marx zur Sprache bringen. Enzensberger arbeitet als Journalistin und initiierte das Block-Magazin, dessen Herausgeberin sie auch ist. Dieses junge und unabhängige Organ gibt Autoren und Künstlern weder Formen noch Formate vor, sondern bietet ihnen die Möglichkeit, mit etablierten Formen zu brechen. In ihren Publikationen thematisiert die studierte Filmwissenschaftlerin (und Lyriker-Tochter) immer wieder auch den virtuellen Raum, in welchem wir uns bewegen. Pörksen, Sohn eines Freiburger Sprachwissenschaftlers und Autors, ist geschäftsführender Direktor des an der Eberhard-Karls-Universität angesiedelten Instituts für Medienwissenschaft. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Medienskandale und Medienethik, die Inszenierung in Politik und Medien, das Wechselspiel zwischen Journalismus und Prominenz.
Der gebürtige Schwabe Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 bis 1831) ist der Vertreter des deutschen Idealismus schlechthin. Vom März 1807 bis in den November 1808 hinein war Hegel Redakteur der Bamberger Zeitung. Er lebte im Haus zum Krebs (am Pfahlplätzchen) und brachte in jenen Tagen seine „Phänomenologie des Geistes“ heraus. Freilich legte er sich bald mit dem bayerischen Pressegesetz an und machte sich gefrustet nach Nürnberg davon. Lebenslang aber sollte er dem damals vermehrt aufkommenden Massenmedium Zeitung treu bleiben. Als „realistischen Morgensegen“ habe er, heißt es in dem von Anton Hügli und Poul Lübcke edierten „Philosophie-Lexikon“, die regelmäßig Lektüre der Morgenzeitung verstanden.