1+1=3
Von der Superadditivität des Dombergs
veröffentlicht am 26.09.2012 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Die Idee, verschiedene Kulturinstitutionen enger zu verzahnen, ihnen ein gemeinsames Dach zu geben und das Marketing zu bündeln, ist nicht neu. Das KunstKulturQuartier in Nürnberg tut das seit 2008. Das MQ – MuseumsQuartier in Wien tut es seit 2001 in noch größerem Stil und ist in seiner Form eines der weltweit größten Kunst- und Kulturareale.
Es bildet mit dem quartier 21 – einem polyformen Zentrum für zeitgenössische Kunst- und Kulturinitiativen – eine Symbiose der besonderen Art. Wir schreiben 2012. Und auch in Bamberg wird an der Idee gearbeitet, die Kräfte der Museenschätze um den Domberg für mehr Anziehungskraft zu bündeln. Eine Dachmarke ist entstanden: DOMBERG – MUSEEN UM DEN BAMBERGER DOM. Darunter vereint sind neben dem Dom das Diözesanmuseum, die Bayerische Staatsgemäldesammlung mit der Staatsgalerie, die Schlösserverwaltung mit der Neuen Residenz, die Staatsbibliothek Bamberg sowie die Museen der Stadt Bamberg mit dem Historischen Museum.
Eine gemeinsame Präsentation an prominenter Stelle bildete im Juli im Alten Hof in München den Anfang und brachte das Potential der musealen Einrichtungen rund um den Domberg auf den Punkt. Wertvolle Handschriften, vor allem die „Bamberger Apokalypse“, die zum Weltdokumentenerbe zählt, sind in der Staatsbibliothek zu sehen. Das Diözesanmuseum bewahrt den berühmten Sternenmantel Kaiser Heinrichs II und seit kurzem eine Nachbildung der Heinrichskrone, deren Original in der Schatzkammer der Residenz in München verbleiben wird.
Stadtgeschichtliches und Kunstschätze zeigt das Historische Museum der Stadt Bamberg. Sein wichtigstes Werk, „Die Sintflut“ (1516) von Hans Baldung Grien allerdings hängt in bester Gesellschaft in der Staatsgalerie Bamberg in der Neuen Residenz, in direkter Nachbarschaft zu den fürstlichen Prunkräumen. Im Dom schließlich das berühmteste Kunstwerk der Welterbestadt – die weltberühmte Steinskulptur „Bamberger Reiter“.
Abstimmung, Zusammenarbeit, Koordination und Kooperation sind für diese Einrichtungen kein Neuland. Insbesondere die Bayerische Landesausstellung „Kaiser Heinrich II“ in 2002 gilt als erfolgreiches Beispiel. Doch nicht immer ergänzen sich die Einrichtungen so optimal. In 2007 beispielsweise werben die Ausstellung „Unterm Sternenmantel“, die gemeinsam von Diözesanmuseum, Historisches Museum und Staatsbibliothek zum Bistumsjubiläum konzipiert wurde und die Ausstellung „Kaiserräume – Kaiserträume: Forschen und Restaurieren“ in der Neuen Residenz zur gleichen Zeit um die Wette. Nicht nur, aber schon auch kontraproduktiv.
Da bietet der neue Schritt mit gemeinsamer Dachmarke eine Klammer, die auch für die Zusammenarbeit eine neue Stufe ermöglicht. Zumindest dürfen wir uns das wünschen. Denn es gibt viel zu sehen rund um den Domberg. Nur blieb für Viele noch zu unklar, was genau dort wann und wo so sehenswert sein soll.
Und die Besucherzahlen von Dom und Neuer Residenz, insbesondere auch des Kaisersaals, sind noch viel zu weit von der Zahl der Museumsbesucher entfernt. Dabei gibt es keinen Grund, dass die Museenschätze in den umliegenden Häusern wesentlich weniger frequentiert werden. Ganz im Gegenteil:
Sternenmantel, Papstornat, Domkreuz, Gemälde von Cranach über Pieter Breughel zu Otto Modersohn, der Apostelabschied, die Bamberger „Götzen“, altdeutsche und barocke Gemälde, mittelalterliche Handschriften, kostbare Drucke und Graphiken sowie zwei Handschriften des Weltdokumentenerbes. Die Liste des Angebotes ist lang. Der qualitative Maßstab hoch. Ein gemeinsamer Fingerzeig a la „Schaut her was wir da haben!“ also längst überfällig.
Umso erfreulicher, dass weitere Schritte geplant sind. So wünschen sich 30 Experten und Bürger als Ergebnis weitergehender Überlegungen vor allem zwei Dinge: Erstens muss der rote Faden her, damit sich inhaltlich überzeugende Brücken schlagen lassen. Zweitens braucht es hauptamtliches Personal für die Museumspädagogik und einen gemeinsamen Bildungsauftrag. Und damit sind die konstruktiven Ansätze längst nicht ausgeschöpft. Ein gemeinsames Ticketing und die Harmonisierung der Öffnungszeiten sind weiterhin als dringliche Notwendigkeit ins Auge gefallen. Schließlich kam auch die alte Idee eines Museums-Cafes auf die Wunschliste.
Es tut sich also was am Domberg. Der schlichte Ansatz eines gemeinsamen Ziels hat schnell verschiedenste Maßnahmen eingeläutet. Politische Unterstützung wurde von allen Seiten und von höchster Stelle zugesagt. Vielleicht sogar trägt dieser frische Wind am Domberg dazu bei, dass die großen Mängel dort schnell beseitigt werden, die seit vielen Jahren existieren. Das Diözesanmuseum braucht längst wieder eine langfristige, hauptamtliche und fachliche Leitung.
Und auch dem Historischen Museum täte es gut, wenn die über zehn Jahre alte Zielsetzung des Museumsausbaus, die von der städtischen Kulturpolitik seit Jahren beteuert und hochgehalten, aber nicht finanziell forciert wird, einen neuen Ansatz fände, mit dem tatsächlich sichtbare Fortschritte zu machen sind. Denn leere Räume und Schließzeiten im Winter sind kein Maßstab für ein wichtiges Segment eines Museumsverbundes rund um den Domberg, der zur bayerischen Speerspitze von Museumsinseln aufsteigen will und kann.
www.domberg-bamberg.de