„Ich packe meine Sachen und bin raus mein Kind, Thomas D ist auf der Reise und hat Rückenwind.“ So klang es in den 90er-Jahren, wenn die deutsche Kult-Kombo der fantastischen Vier die Bühnen der Republik enterte. 1989 gründeten Thomas D, Michael „Michi“ Beck, Michael „Smudo“ Schmidt und Andreas „And.Ypsilon“ Rieke die „Fantas“, starteten mit dem Megahit „Die da“ eine nicht endend wollende Erfolgsgeschichte. Insbesondere Frontmann Thomas D ist seit dieser Zeit nicht mehr wegzudenken aus der deutschen Musikszene, sorgte nicht nur mit der Band für unzählige Erfolge. Er erfindet sich – zumindest gefühlt – ständig neu. Duette mit BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken, mit Herbert Grönemeyer. Aber auch Seitenprojekte mit anderen Musikern aller möglichen Genres oder eigene genrefremde Projekte begleiten Thomas D und dessen langen Weg im deutschen Musikbuisness. Am 1. April gastiert er an der Seite der Hamburger Jazzband KBCS auf den Rother Bluestagen. Da erleben die Musikfreunde (wieder einmal) einen Frontmann auf anderen Wegen. Die „Rampensau“, die bleibt D wie gewohnt, musikalisch aber präsentiert er sein anderes Gesicht mit weit smootherem Sound als man es gemeinhin von ihm als das Gesicht der Fantastischen Vier gewöhnt ist. Im Vorfeld des Festivals plauderte der 54-jährige gewohnt gut gelaunt und doch auch mit dem von ihm stets bewahrten Tiefgang über viele Entwicklungen im Musikbereich, seinen eigenen Erfahrungen und Vorlieben. Und vor allem über viele Freunde und Partner auf seiner langjährigen Reise durch den Musikkosmos. Thomas Dürr, wie er bürgerlich firmiert, wohnt in einer abgelegenen Eifel-Gegend. Dort findet der spirituell in breiter Art und Weise aktive Rapper die Zeit für sich selbst. Und nicht selten auch Ideen, die er später umsetzt. Wie eben auch die Kollaboration mit den KBCS. In seiner einst als Kommune bekannt gewordenen Wohngemeinschaft erreicht ART. 5|III den Musiker auch zum Gespräch.
Na ja, eigentlich ist es ja eine Ex-Kommune. Die Hippie-Zeiten sind vorbei. Ich sitze tatsächlich zuhause in meinem Büro. Während mein persönlicher Manager gerade eben ein halbes Jahr in Indien ist und die Sonne genießt. Mein Hund sitzt gerade vor der Türe. Der liebt so ein Wetter wie gerade. Mir ist es eigentlich zu kalt. Heute früh war ich noch Joggen mit meiner Frau. Schön ist etwas anderes.
Die Jungs haben ja inzwischen auch zwei Soloalben aufgenommen und die ein oder andere Kollaboration. Mir kam das erste Album von ihnen über den Weg. Johannes, der Schlagzeuglehrer meines Sohnes hat mir gesagt, dass ich das unbedingt anhören soll. Und dafür bin ich Joe wahrscheinlich ewig dankbar. Er ist eigentlich einer, der dem Metal zugetan ist. Aber gut, es ist ja nicht so, dass ich mit Metal nichts anfangen könnte. Eher im Gegenteil.
Das war dann eigentlich eher kurios. Ich musste den Rahmen von meinem Gartentor streichen. Und ich bin echt ein guter Heimwerker. Bis auf die Elektrik mache ich zuhause schon arg viel selber. Aber streichen ist für mich der Horror. Das ist echt nicht geil. Da musst du entweder richtig breit sein, was am Nachmittag auch nicht wirklich Sinn macht. Oder du holst dir gute Musik und hörst rein.
Richtig. Und ich war vom ersten Moment an geflashed. Mein erster Gedanke war: Wie geil. Die überfluten dich nicht gleich mit der Stimme. Es fängt instrumental an. Und geht instrumental weiter. Und der zweite Song. Auch instrumental. Da war mir klar, dass in denen ihrer Musik ewig Platz ist für eine Stimme zu der genialen Musik. Da könnte ja einer kommen wie ich. Ich bin ja seit jeher großer Marvin Gaye-Fan. So etwas seelenvolles hast du im Rap einfach nicht. Dann habe ich die Jungs angerufen. Und meine Liebe zu ihrer Musik wurde gottseidank erwidert. Mit ihrer Musik an deiner Seite kannst du alte Stücke spielen. Die hast du irgendwann einmal live performed, als sie veröffentlicht wurden. Dann sind sie wieder in der Schublade verschwunden und du hast neue Sachen dafür im Fanta 4-Programm gespielt.
Oh ja. Jetzt kann ich meine Lieblingstexte wieder spielen. Die ganzen alten Sachen und die grandiose Musik der KBCS dazu. Die Emotion und die Tiefe, die dir im Hip Hop fehlen, die ist hier da. Das ist eine absolut persönliche Geschichte. Sehr beseelend und erfüllend.
Wir spielen tatsächlich hauptsächlich auf Jazzfestivals. Das ist streckenweise echt witzig. Erst kürzlich wieder. Am Anfang sitzen alle Leute. Am Ende standen sie alle, in der ersten Reihe hat ein Pärchen sogar Standard getanzt. Das ist schon irgendwie skurril auch. Aber so nehmen dich auch Leute wahr, die dich bislang nicht so kannten und erkennen die Tiefe in deinen Texten. Der Jazzer lernt so einfach auch die andere Seite von Thomas D kennen.
Manchmal sind es die alten Helden. Die Red Hot Chilli Peppers auf jeden Fall. Und die Foo Fighters. Dave Grohl ist ja fast genauso alt wie ich. Das musst du dir einfach auf der Zunge zergehen lassen. Der Typ ist Drummer bei Nirvana und dann Sänger und Gitarrist bei den Foo Fighters. Extrem verrückt eigentlich. Dann stöbere ich natürlich auch gerne auf Apple Music. Da findest du auch immer mal wieder was. Aktuell höre ich gerade Amy Winehouse. Die Black Crowes sind auch geil. Die klingen mitunter ja fast wie David Bowie. Noch so ein genialer Mensch und Künstler. Nicht zu vergessen auch Monstermagnet. Eine der größten psychedelischen Rockbands.
Da gibt es für mich ein Stück, dass der Inbegriff dafür ist. Bohemian Rhapsody von Queen. Jeder Produzent hat damals die Hände über den Kopf zusammengeschlagen. Weil es einfach ganz anders war, als Musik zu sein hatte. Und was wurde daraus? Ein absoluter Welthit.
Zusammen. Ganz klar. Das habe ich in der ersten Demoversion gehört und es war klar, dass das der Hit sein wird. Wir arbeiten ja mit vielen Textern zusammen. Und dann kommt einfach einer und du hast ein Thema zur Musik. Bei „Zusammen“ hat ein Sänger lautmalerisch gesungen. Und ich habe die Worte rausgehört. Ich habe gelesen, dass das Metallica und James Hetfield auch ähnlich machen. Du hast ein lautmalerisches Bild von einem Song. Aber den Text noch nicht. Für „Zusammen“ haben wir dann alle Texter, die wir haben, zusammengeholt. Die Essenz aller hat am Ende einen tollen Text ergeben. Dann haben wir noch einen gebraucht, der den Refrain singt. Irgendwann hat einer gesagt, dass unser alter Freund Clueso da doch genau der Richtige wäre. Er hat dann nur gegrinst und gesagt: Na endlich. Ach ja. Eine Lieblingsband habe ich noch komplett vergessen. Coldplay. Sie haben bei jeder Platte eine Entwicklung gezeigt und machen immer wieder einen Schritt. Das schätze ich total an Künstlern.
Nun gut. Ideen sind bei uns immer so das Problem (lacht). Das Management kommt in dem Fall zu uns und sagt, dass wir doch 15 alte Songs neu aufnehmen sollen. Das mit unserer echt genialen Liveband. Aber nicht als Live- sondern als Studioalbum. Die Band spielt dann ein, zwei, drei Versionen ein und die Beste pickst du dir raus. Dann werden die Raps neu aufgenommen. Was nicht das große Problem ist. Es sind ja keine neuen Stücke, die du gerade fertig geschrieben hast und die Texte noch nicht drin sind. Das sind Songs, die du seit 30 Jahren rappst. Dazu musst du keine Bühnenakrobatik aufführen und hast wesentlich mehr Luft. Das Ganze, gepaart mit der ganzen neuen Studiotechnik – es war echt ein großes Vergnügen. Und es hat auch die Band zusammengeschweißt. Du sitzt abends zusammen, plauderst über Musik und dies und das. Alles in allem war es toll. Und dann noch die Qualität der Aufnahmen. Das hat sich voll gelohnt und war so eigentlich nicht zu erwarten.
Meine persönlichsten Texte. Da geht es um meine Frau, die Familie, um Hoffnungen. Es geht um jede Menge Emotionen aus 54 Jahren Thomas D. Der Franke ist da im Übrigen keine Ausnahme. Auch der Schwabe an sich freut sich ja auch eher innerlich. In großen Teilen wird das Konzert sehr ruhig werden. Es wird toll werden.
Informationen gibt es hier: https://bluestage.de/