Album Nr. 10 des deutschen Star-Trompeters bannt als Mitschnitt diverser Konzerte die Livequalitäten rauh, offen und mit viel Spannung auf den Tonträger. Nils Wülker ist ideenreich, neugierig, sphärisch und modern mit Blick auf alte Qualitäten. Er ist funky, beaty, catchy und spacy. Das ist nicht neu. Das sonst sorgfältig aufbereitete und produzierte Material allerdings trägt live besondere Energie und Ausdruckskraft. Die vollmundige Trompete entfaltet sich im Welchselspiel, je nach Besetzung, hypnotisierend, progressiv und stets führend nach verschiedenen Richtungen. Dramaturgisch clever und spannungsgeladen, bieten die Kompositionen viel Freiheit, schießen die Instrumente wie Elektronen durch den Raum und verdeutlichen live, was auch von Studioalben vertraut ist: Wülker ist ein atmosphärischer Kosmos mit tausend kompositorischen Facetten, aber einer klanglich konkreten Linie. Er ist ein Motor fusionierter Klangräume und versteht sich mit seinen vokal anmutenden Leads stets als Protagonist der Szenerie. Hierfür holt er sich gezielt Instrumentierungen und Musiker auf die Bühne, die seine Themen und Melodien stärken und vor allem weiterdenken. Dabei ist „Decade“ klanglich vor allem dem letzten Album „on“ nahe, dessen Tracks live wesentlich organischer daherkommen. Es scheinen aber auch ältere Seiten an ihm durch sowie ganz neue Aspekte auf. Beispielsweise wenn Rob Summerfield wiederholt als Sänger einbezogen wird oder „Safely Falling“ hier mit der rockigen Gitarre von Arne Jansen deutlich neu interpretiert wird als noch auf dem gleichnamigen Album aus 2007. Wülker integriert musikalisch viele Stilistiken und zeigt live noch deutlicher, dass er den Jazz dabei in keinem Moment loslässt.