Frank-Markus Barwasser, 1960 in Würzburg geboren, ist Schöpfer und Darsteller der Kabarett-Figur Erwin Pelzig. Der gelernte Journalist und studierte Politikwissenschaftler begann 1985 seine kabarettistische Laufbahn. 1993 stand er erstmals als Pelzig auf der Bühne, eine längst Kult gewordene fränkische Kunstfigur mit Cord-Hut und Herrenhandtasche. Als Pelzig wurde Barwasser auch im Radio und Fernsehen bekannt – und drehte 2007 sogar einen Kinofilm („Vorne ist verdammt weit weg“). Nach unzähligen Fernsehjahren zieht es Frank-Markus Barwasser seit einigen Jahren zurück auf die Bühne. Und damit zu seinen Wurzeln zurück. Am 14. Februar gastiert der Unterfranke um 20 Uhr im Erlanger E-Werk. „Weg von hier“ – unter diesem Titel schickt Frank-Markus Barwasser sein Alter Ego Erwin Pelzig mit einem neuen Soloprogramm ab 2017 auf Deutschlands Bühnen. „Weg von hier“ sind aber auch die Worte, mit denen viele Fluchten beginnen. Gab es einst die Flucht aus der Aufklärung in die Romantik, ist es heute die Flucht aus der Realität in eine gefühlte Wirklichkeit, eine Flucht in die Internet-Schutzräume der Gleichdenkenden, eine Flucht vor der Informationsflut in ein tatsachenbefreites Leben. Solche Fluchtwege sind verworren und unübersichtlich. Ob sie in eine neue Romantik führen, erscheint ziemlich ungewiss. Weil Erwin Pelzig aber ohnehin lieber bleibt als geht, will er zumindest wissen, was hinter diesen Fluchten steckt. Wem nützen sie und wer sind hier eigentlich die Schleuserbanden? So gräbt und grübelt sich Pelzig in „Weg von hier“ durch das Chaos unseres angeblichen Epochenwandels, wie immer begleitet von seinen beiden Freunden Hartmut und Dr. Göbel.
Ein hoher Spaßfaktor ist dabei neben vielen tiefgründigen Themen garantiert. Im Laufe der Jahre mauserte sich Frank-Markus Barwasser zu einem der ungekrönten Lieblinge der deutschen Kabarett-Szene. Wo Comedians die Medien mit platten Witzen überfluteten, blieb Barwasser sich stets selbst treu. Witze auf Kosten anderer: Die gibt es beim Tausendsassa genauso wie bei vielen anderen. Und doch unterscheidet er sich von vielen grundlegend. Für ihn zählt nicht der Witz an sich. Der Weg zum Witz, die herrlichen Pointen: Das ist der Weg des so ursprünglich gebliebenen Unterfranken. Und dessen Weg ist gepflastert von drei Charakteren, die niemand besser auf die Bühne bringen könnte, als es Barwasser tut. Auf der einen Seite der wassertrinkende Spießer Erwin Pelzig, auf der anderen Vollproll Hartmut, am Weizenbier naschend und Stammtischparolen zischend und als sensationeller Widerpart der näselnde Moralapostel Dr. Göbel, der sich an Rotwein labend als Weltverbesserer sieht. Mit fast schon bewundernswerter Art und Weise präsentiert Barwasser sich als bewusstseinsgespalteter Bühnenakteur, der seine drei Spielgenossen mit faszinierendem Tempo wechselt und dabei das Publikum immer wieder in ebenso atemberaubendem Tempo in seine Bühnenshow einbindet. Langeweile kommt bei ihm, dem unzählige Male preisgekrönten Sohn eines späteren Arbeitsgerichtspräsidenten, nicht auf. Viel zu zackig wechselt er Figuren und Themen, feuert mitunter salvenartige Pointen ins Publikum, ohne dabei fragende Zuhörer zurückzulassen. Barwasser ist es ein Anliegen, Werte zu vermitteln – und dabei nicht ins Predigertum zu fallen. Er will aufrütteln, beschäftigt sich auch in seinem privaten Leben viel mit Dingen, die die Welt beschäftigen. Sein Credo: Themen abhandeln, Lösungsansätze aufzeigen – und als wichtigsten Punkt, die Lösungen über Transparenz in den Fokus zu legen, ohne ein süffisantes Lächeln zu verbergen.
Jahrelang tat Frank Markus Barwasser dies inzwischen im Fernsehen. Achtzehn Jahre lang flimmerte er als Erwin Pelzig erst im Bayerischen Rundfunk und der ARD, später im ZDF über die Bildschirme. Und Barwasser alias Pelzig tat etwas, was vielen Talkshowmoderatoren heutzutage abgeht: Er hinterfragte und unterhielt sein Publikum. Klar. Er tat sich leicht. Interviewte er bei „Pelzig unterhält sich“ nicht als er, sondern als sein alter Ego. Böse sein konnte ihm daher kaum einer. Ganz im Gegenteil. Unverblümt konnte er harsch und derb fragen. Seinem Gegenüber blieb meist nur ein Schmunzeln. Und zumeist eine ehrliche Antwort. Unterhaltung, die noch unterhalten und nicht gelangweilt hat. Nicht minder bravourös absolvierte Barwasser an der Seite von Urban Priol seinen Part im ZDF-Klassiker „Neues aus der Anstalt“. Vor mittlerweile mehr als drei Jahren verließen die beiden die Sendung. Und Barwasser ließ sein Bühnenleben wieder auferstehen. Zum Glück für die Anhänger und die Kabarettlandschaft. Als wäre er nie weg gewesen, zauberte er neuerlich viele Lacher in die Gesichter seiner Zuhörer. Erwin Pelzig, Hartmut und Dr. Göbel agierten fortan nicht mehr ganz so forsch wie noch in früheren Jahren. Aber nicht minder aufgeweckt.
„Weg von hier“, weg von der Bühne. Das war er einige Jahre lang. Jetzt ist Frank Markus Barwasser wieder da. Nicht wenige behaupten, er sei ernsthafter als noch vor seiner Fernsehkarriere. Ein Attribut, das ihm und seinen drei Bühnen-Charakteren gar nicht einmal so schlecht zu Gesicht steht. Schließlich wollte der gerade zwei Tage nach seinem Auftritt den 57. Geburtstag feiernde Kabarettist einst Schauspieler werden. Am nötigen Grips dazu mangelte es nicht. Vielmehr überwogen seine komödiantischen Talente doch weit, weshalb der gelernte Journalist dann doch die lustige Schiene präferierte. Eine weise Entscheidung. Und fast hätte es sogar noch zum ernsthaften Schauspieler gereicht. Eigentlich hätte er den fränkischen Tatort-Kommissar spielen sollen. Mehrfache Terminverschiebungen der Dreharbeiten verhinderten das letztlich, er musste die Rolle an Matthias Egersdörfer abtreten. Wieder so eine Wendung im Barwasser´schen Lebenskontext, die er nicht auf dem Schirm hatte. Die Zeit nutzte er, um sich seinem Bühnenprogramm zu widmen. Seinem Kult tat der kurzfristige Hype um die Tatort-Rolle keinen Abbruch. Schon wieder im Gegenteil: Irgendwie passt die Episode richtig gut in den Werdegang des Kabarettisten. Er, der Widersprüche so gerne benennt. Und der – und so schließt sich der Kreis nach Erlangen und ins E-Werk – als einen seiner Lieblingssprüche einen des Erlanger Originals Klaus Karl Kraus nennt: „Ich kann keine Eier legen. Aber ich erkenne, wenn eines faul ist.“ – Der Weg ist das Ziel. Manches Mal auch der Widerspruch, den es zu erkennen gilt. So verworren und unübersichtlich diese manches Mal sein mögen.
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Erwin Pelzig, Foto © vollmond-konzertfotografie.de