Allenthalben und allerorts gefeiert wurde Jean Paul im vergangenen Jahr aus Anlass seines 250. Geburtstages. Doch um den zu Frühlingsbeginn 1763 in Wunsiedel geborenen Johann Paul Friedrich Richter, wie er eigentliche hieß, zu feiern, bedarf es keines Jubiläums. Schließlich ist er ein Schriftsteller von exorbitantem Rang, auch wenn seine Romane keinesfalls so häufig gelesen werden, wie er es verdiente und wie man es ihm wünschte. Freunde des Autors, und solche, die es werden wollen, dürfen sich auf die ersten Jean Paul Tage Bad Berneck freuen. Vom 10. bis zum 12. Oktober nähert man sich dem Autoren des „Siebenkäs“ und von „Der Komet“, zwei Romanen, in welchen er die idyllische, an Wäldern, an Felsen, Felsen und Burgruinen noch heute reiche Landschaft um Berneck unverrückbar auf die literarische Landkarte gesetzt hat, aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
Den Auftakt macht am 10. Oktober im Großen Saal im Gemeindehaus am Kirchenring der Kulinarik. Die Kulturjournalistin Cosima Lutz und die Köchin Beate Roth widmen sich im Verein dem Essen und Trinken (ohne Bier ist Jean Paul kaum zu denken; er soll sich über die Ankunft eines frischen Fasses mehr als über die Geburt eines weiteren Kindes gefreut haben), der Tisch- und Esskultur in der Jean-Paul-Zeit. Lutz‘ Vortrag begleiten Kostproben von Gerichten wie „Hoppelpoppel“ und „Schnepfendreck“, die der Genussmensch beschrieben und die von Roth nachgekocht werden.
Ein Vierteljahrhundert nach Jean Pauls Tod – er starb im November 1825 in Bayreuth – hat Ludwig Richter Berneck in einer Radierung verewigt. Dem Dresdener Maler und Zeichner gilt und der von ihm festgehaltenen „Romantik in Bildern“ gilt anderntags um 17 Uhr der Vortrag Elisabeth Böhms im KuKuK-Saal (Kunst und Kultur im Alten Kindergarten), übrigens bei freiem Eintritt. Ehe sie auf Richters „Bernek“ eingeht, gilt Böhms Augenmerk dessen Illustrationen zu den Märchen der Gebrüder Grimm. Am Samstagabend darf man in der Dreifaltigkeitskirche von 19.30 Uhr an in Jean Pauls musikalische Welten eintauchen.
Von Jean Paul zur Tonkunst ist es nicht weit. Der Vater war Organist, und auch wenn er kein Lyriker war, auf dessen Gedichte (wie etwa auf die des fast auf den Tag genau sieben Jahre jüngeren Hölderlin) die Komponisten sich hätten stürzen können, so hat seine extraordinäre Prosa den Schwabacher Walter Zimmermann zu einem „Glockenspiel für einen Schlagzeuger“ angeregt, den Freiburger Cornelius Schwer zu einem Solostück für Violine und Thomas Beimel, den ehemaligen Stipendiaten der Bamberger Villa Concordia zu der Kammeroper „Idyllen“ sowie, fünf Jahre nach seiner Zeit an der Regnitz, zu einem Stück für Chor und Horn (2010).
Über das „Blumenstück“ nach Texten aus dem „Siebenkäs“ von Georg Friedrich Haas lässt sich der Bogen zurückschlagen zu Gustav Mahler. Dessen „Blumine“ war Teil der Urfassung seiner ersten, nach Jean Pauls Roman „Titan“ geheißenen Symphonie. Und auch wenn Mahler beispielsweise die Bücher Peter Roseggers nicht veschmähte: Jean Paul war ihm, neben Lawrence Sterne, der liebste. Das prächtige Ensemble Berlin – allesamt Mitglieder des dortigen Philharmonischen Orchesters – um den Oboisten Christoph Hartmann herum wird in Bearbeitungen Auszüge aus dem „Don Giovanni“, aus der „Zauberflöte“ und aus Haydns „Schöpfung“ darbieten, Musik, die Jean Paul sehr schätzte. Hans-Jürgen Schatz, der künstlerische Leiter der Jean Paul Tage, wird unter anderem Passagen aus dem „Hesperus“ rezitieren.
Den Abschluss des spartenübergreifenden Wochenendes im Geiste Jean Pauls bilden am Sonntagvormittag der Festgottesdienst mit der von Schatz gelesenen „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, daß kein Gott sei“, der sich Dekan Hans-Martin Lechner in seiner Predigt annehmen wird. Am Nachmittag schließlich werden Bad Bernecker Bürger im Saal im KuKuK Märchen aus der Sammlung der Brüder Grimm zu Illustrationen Ludwig Richters vortragen.
Das ausführliche Programm gibt es unter http://www.jean-paul-bad-berneck.de/Jean_Paul_Tage.html
Copyright Foto: Gerald Raab, Staatsbibliothek Bamberg